Der Kanton Aargau und seine Türme
VON belmedia Redaktion Allgemein Denkmalpflege
Dagegen fallen die Türme aus dem Mittelalter oft unter Heimat- und Denkmalschutz und können zu bestimmten Zeiten besucht werden. Für Aus- und Weitblicke muss im Aargau niemand Gipfel erklimmen: Im Kanton Aargau nimmt man Treppenstufen unter die Sohlen und geniesst die Vogelperspektive von einem Turm aus. Auf der Plattform einer dieser mittelalterlichen Bauwerke zu stehen, ist schon aufgrund der Jahrhunderte alten Geschichte ein eindrückliches Erlebnis.
In Aarau, der Hauptstadt des Kantons steht der höchste Stadtturm der Schweiz. Der Obertorturm ist 62 Meter hoch und das Wahrzeichen der Stadt. Das genaue Baujahr ist unbekannt, wird aber auf das frühe 13. Jahrhundert geschätzt. Im 16. Jahrhundert bekam der Turm drei neue Stockwerke und wurde damit zum Wach- und Wohnturm. Aus dieser Zeit stammt auch die Räderuhr, welche noch heute jeden Tag aufgezogen wird. Öffentliche Stadtführungen haben natürlich auch einen Besuch des Obertorturmes im Programm. Das Bauwerk kann vom Keller bis hinauf zur ehemaligen Wohnung des Turmwächters besichtigt werden.
Das älteste Gebäude und gleichzeitig das Wahrzeichen von Brugg, ist der Schwarze Turm. Er wurde Ende des 12. Jahrhunderts erbaut und von 1846 bis 2006 als Bezirksgefängnis genutzt. Obwohl er nur 25.7 Meter hoch ist, bietet der Schwarze Turm eine atemberaubende Sicht auf das Wasserschloss, die Altstadt von Brugg und die Aareschlucht. Er kann während der offiziellen Stadtführungen bestiegen werden.
Kaiserstuhl ist von den 12 historischen Altstädten Aargaus die kleinste. Das komplette Städtli steht unter Denkmalschutz. Es wird vom aus dem Jahre 1260 stammenden Oberen Turm überragt. Der Turm bildet den Eckpfeiler der südlichen Stadtbefestigung. Am Wochenende ist er für Besucher geöffnet.
Der Stadtturm von Baden stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Er ist der einzige noch vorhandene Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Bis 1984 wurde er als Bezirksgefängnis genutzt. Wie die zukünftige Nutzung des 56.4 Meter hohen Wehrturmes aussieht, ist noch ungewiss. Im Moment steht er zwar leer, spannende Führungen geben jedoch die Möglichkeit, sich über seine Geschichte zu informieren. Auch der Spittelturm in Bremgarten ist ein Überrest einer alten Wehranlage. Er ist nicht so hoch wie jener in Baden und wurde rund 100 Jahre später errichtet. Das Highlight auf einer Turmführung ist der Gefängnisraum, welcher erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde.
1359/1360 entstand der Storchennestturm in Rheinfelden. Der aus dem Mittelalter stammende Turm war früher als Kupferturm bekannt. Unter dem Dach befindet sich ein Balkon, von dem aus der Blick über die Altstadt, das Rheintaler Hinterland und den Rhein schweift. Die gemütliche Turmstube kann für private Anlässe jeweils im Sommer für bis zu 15 Personen gemietet werden. Neben diesen historischen Gemäuern ermöglichen etliche Aussichtstürme im Kanton Aargau eine prächtige Fernsicht.
Ausser den genannten Türmen, welche der Öffentlichkeit zugänglich sind, beschäftigt sich die Kantonsarchäologie Aargaus, welche mit der Denkmalpflege zusammenarbeitet, mit ganz anderen Türmen: Ihr Aufmerksamkeit gilt den Römischen Wachtürmen am Hochrhein. Diese gehörten zu einer vom Bodensee bis Basel reichenden Überwachungs- und Alarmanlage. Errichtet 364−375 n. Chr., wurden sie anfangs 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Seitdem sind Teile freigelegt und restauriert worden. Viel Arbeit steht jedoch noch bevor: Kanton und Kantonsarchäologie Aargau stellen die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung, die sanierungsbedürftigen Anlagen auf dem Kantonsgebiet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dieses Projekt wird Jahre in Anspruch nehmen.
Es kommen modernste Methoden zum Einsatz, mit denen Dokumentationen erstellt und Restaurationen vorgenommen werden. Die jeweils betroffenen Gemeinden unterstützen das Vorhaben. Sie sind natürlich stolz, dass Ihr Gemeindegebiet auf solch geschichtsträchtigem Boden liegt. Da ist zum Beispiel Koblenz, welches im nächsten Jahr (2015) sein 750-jähriges Bestehen feiern wird. Das Dorffest zum Jubiläum steht ganz im Zeichen der Römer und möchte an die römischen Wurzeln erinnern. Der Wachturm wird im Mittelpunkt stehen. Kein anderer spätrömischer Wachturm ist im Kanton Aargau so gut erhalten wie dieser. Seine Mauern reichen noch rund 2 Meter hoch und sogar das Baudatum 371 n. Chr. ist zu erkennen. Auch eine Inschrift mit antiken Namen „Summa Rapida“ blieb erhalten.
Natürlich ist es nicht möglich, alle sehenswerten Türme, welche im Kanton Aargau unter Schutz stehen, vorzustellen. Wie überall in der Schweiz gibt es auch auf Aargauer Gebiet Ruinen, Burgen und Schlösser, die teilweise in bestem Zustand sind. 43 Stück sind es und alle wären es wert, ausführlicher darüber zu berichten. Zu den bekanntesten gehört das Schloss Hallwyl, welches anfangs ein Wohnturm war. In bestem Zustand ist auch die Festung Aarburg mit ihren auffallenden Türmen. Sie zählt zu den Kulturgütern von nationaler Bedeutung und beherbergt heute ein Jugendheim.
Auf einem Ausflug in den Kanton Aargau trifft man immer wieder auf Spuren der Geschichte und Baudenkmäler, welche als kulturelles Erbe geschützt und gepflegt werden. Nirgends kann jedoch die Atmosphäre historischer Gebäude so intensiv gespürt werden, wie beim Besuch einer Burg oder Ruine oder der Besteigung eines mittelalterlichen Turmes.
Oberstes Bild: Turm von Kaiserstuhl, Kanton Aargau (Dietrich Michael Weidmann, Wikimedia, GNU)