Glarus-Nord: Zwicky-Haus in Mollis mit Hexenmuseum und Hexendenkmal

Glarus Nord ist eine Gemeinde im Kanton Glarus, liegt zwischen dem Kanton Schwyz und dem Kanton St. Gallen im Linthtal und besteht in dieser Zusammensetzung seit der Glarner Gemeindereform im Jahr 2011. Die Ortschaften der Gemeinde verfügen über zahlreiche historische Bauwerke und Denkmäler der Klasse A. Eines der bekanntesten ist das Zwicky-Haus in Mollis, in dem die letzte angebliche Hexe der Schweiz lebte und arbeitete. In unmittelbarer Nähe befinden sich das Orts- und Anna-Göldi-Museum.

Die Ortschaft Mollis in der Gemeinde Glarus-Nord liegt inmitten einer beeindruckenden Landschaft: in der Talebene zwischen Schlattbach und Walensee und umgeben von Hügeln und Bergen der Fronalp. Die Linthebene war nach der letzten Eiszeit komplett mit Wasser bedeckt und bildete eine Einheit mit dem Zürcher See und dem Walensee. Seit dem Frühmittelalter verbindet das Flüsschen Linth die beiden Seen, jetzt Linthkanal und Escherkanal. In der verlandeten Ebene entstanden die Ortschaften Bilten, Niederurnen, Oberurnen, Näfels und Mollis. Von der ursprünglichen Besiedlung durch die Römer zeugen alte Mauerreste.

Die Ruine eines gallo-römischen Tempels wurde am Walensee bei Hüttenböschen gefunden und kann besichtigt werden. Mollis verfügt über mehrere alte Herrensitze und Baudenkmäler von nationaler Bedeutung und gehört heute zu einer der bevorzugten Wohngegenden des Kantons Glarus. Die Denkmalpflege wird von Privatleuten, Stiftungen und Vereinen betrieben. Das spätbarocke Landgut und Haus Haltli wurde 1784 vom Kaufmann Conrad Schindler erbaut und beherbergt heute ein heilpädagogisches Sonderschulheim, das von der Glarner Gemeinnützigen (GG) betrieben wird.


Der Herrensitz Haltli in Mollis (Bild: Roland Zumbuehl, Wikimedia, CC)


Das historische Zwicky-Haus ist über die Grenzen hinaus bekannt

Neben der historischen reformierten Kirche, dem Bahnhofsgebäude Mollis-Näfels, dem Gasthaus Löwen und dem Herrenhaus Haltli ist das Zwicky-Haus das beeindruckendste Bauwerk des Ortes Mollis. Seit 1975 befindet sich in unmittelbarer Nähe das Ortsmuseum in einem historischen Steinhaus mit kleinem Garten. Seit 2011 ist das Zwicky-Haus erneut in Privatbesitz und laut Auskunft des Kantonalrates und des Präsidenten vom Glarner Heimatschutz Fridolin Beglinger „in besten Händen“, nachdem die Einheimischen befürchteten, dass das Gebäude von der Öffentlichkeit abgeschottet werden würde.

Der neue Besitzer hat sich jedoch verpflichtet, auf denkmalpflegerische Aspekte bei der Renovation Rücksicht zu nehmen und einen Teil des Hauses weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das weissgetünchte, wappengeschmückte Patrizierhaus mit den vielen Fenstern, den verzierten Fensterläden und dem typischen seitlichen Treppchen zum Hauseingang beherbergt das wohl wichtigste Vermächtnis des Ortes. Hier lebte und arbeite über sechs Jahre lang die Dienstmagd Anna Göldi, die als eine der letzten „Hexen“ im Jahre 1782 hingerichtet wurde. Der Fall, der schon damals als Justizirrtum gehandelt wurde, erregte Aufsehen und Empörung in ganz Europa.

Das Zwicky-Haus trägt den Namen seiner Besitzer und Erbauer. Die Magd soll sogar zwei aussereheliche Kinder ihres Dienstherren geboren haben, ehe sie zu einem anderen Dienstherrn in die Stadt Glarus wechselte, der sie verleumdete, um seine Beziehung zu ihr zu verheimlichen und sein Ansehen zu schützen. Johann Jakob Tschudi war einer der reichsten Bürger und hatte verschiedene Ämter inne. Der Glarner Arzt, Ratsherr und Richter beschuldigte Anna Göldi der Hexerei und des Kindsmordes.


Das Zwicky-Haus in Mollis trägt den Namen seiner Besitzer und Erbauer. (Bild: Roland Zumbuehl, Wikimedia, CC)


Denkmal vor dem Gerichtsgebäude in Glarus erinnert an Anna Göldi

Im Juni 2014, über 200 Jahre nach dem Todesurteil, wurde das von der Anna-Göldi-Stiftung initiierte Mahnmal in Glarus eingeweiht. Bis dahin erinnerte lediglich eine kleine Ausstellung im Dorfmuseum von Mollis an die Geschichte und den Leidensweg der Magd Anna Göldi. Kein Strassenname, kein Park, kein Haus war sie den Schweizern bis dahin wert. Nicht viel für eine Frau, deren Fall die Gerichtsbarkeit einer ganzen Ära beendete. Doch wie seht es aus, das Mahnmal für die letzte legal hingerichtete Hexe der Schweiz? Zwei Lichter im Dachgeschoss und eine Gedenktafel an der Fassade des Gerichtsgebäudes erinnern an das Unrecht, als die Magd am 13. Juni 1782 nach einem Hexenprozess öffentlich exekutiert wurde.


Reformierte Kirche in Mollis (Bild: Roland Zumbuehl, Wikimedia, CC)


Vor dem Entwurf stand die Ausschreibung. Letztlich hat sich die Anna-Göldi-Stiftung für eine Lichtinstallation entschieden, die das aus Basel stammende Künstlerpaar Hurter-Urech entworfen hat. Die Künstler haben sich bis dahin einen Namen mit modernen Videoinstallationen gemacht. Die Glarner und die Molliser Bürger finden das Mahnmal trotzdem gelungen, bezeugt es doch ein wichtiges Kapitel in einer langen Geschichte der Aufarbeitung. Die juristische Rehabilitierung der Anna Göldi 2008 durch das Glarner Parlament, fast 200 Jahre nach der Urteilsverkündung, war ein Höhepunkt, auf den die Stiftung zu Recht stolz sein kann.

Anna Göldin gilt nun offiziell als unschuldig. Bleibt zu hoffen, dass der Besitzer des Zwicky-Hauses im nahen Mollis sein Anwesen nicht versperrt, sondern diese Rehabilitation anerkennt und das Erbe der letzten „Schweizer Hexe“ bewahrt.

 

Oberstes Bild: Das Zwickyhaus in Mollis (© Roland Zumbuehl, Wikimedia, CC)

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Mehr zu Claudia Göpel

Als gelernte Zahntechnikerin schreibe ich exzellent recherchierte Texte rund um die Themen Zahnmedizin, Allgemeinmedizin, Geriatrie und Gesundheit.
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Zum Ausgleich verfasse ich in meiner Freizeit Kriminalstorys sowie erotische Kurzgeschichten, die unter dem Pseudonym Anastasia in zahlreichen Büchern und Erotik-Magazinen veröffentlicht sind. Ausserdem bin ich seit vielen Jahren ehrenamtlich als Klinikclown für kranke Kinder in deutschen Krankenhäusern und Hospizen aktiv.

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