"Sagen aus den Alpen": Neue Wechselausstellung ab 16. Dezember im Landesmuseum Zürich

Von der Blüemlisalp über Wilhelm Tell bis zur Teufelsbrücke. Der Schweizer Alpenraum ist reich an Sagen.

Einige davon werden nun im Landesmuseum Zürich erzählt.

Wenn Puppen lebendig werden, sich fruchtbare Alpweiden in Stein- und Eiswüsten verwandeln oder eine Frau in Tiergestalt daherkommt, dann sind wir mitten in der Welt der Sagen gelandet. Diese Art von Geschichten wirkt im Gegensatz zu Märchen „wahr“, denn Sagen werden stets mit realen Orten verknüpft. Besonders „wahr“ scheinen historische Sagen. Darin tauchen vermeintliche oder tatsächliche Gestalten der Geschichte an wirklich existierenden Orten auf. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist Tells Apfelschuss. Die zuerst in der nordischen Sagenwelt auftauchende Geschichte wurde perfekt an die Gegebenheiten der Innerschweiz angepasst und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Bestandteil der Befreiungsbewegung der Urkantone. Wilhelm Tell war ein vielseitig einsetzbarer Held: Mit ihm konnte man die „böse“ Obrigkeit an den Pranger stellen, die Notwendigkeit der eigenen Unabhängigkeit aufzeigen oder den Mut zum Widerstand stärken. Später wurde Tell zum Nationalhelden hochstilisiert und seine Armbrust wurde quasi ein Qualitätssiegel für eidgenössische Produkte.

Der Erste, der die Geschichte von Wilhelm Tell schriftlich festhielt, war Hans Schriber. Der Obwaldner Landschreiber verewigte den sagenhaften Helden 1470 im Weissen Buch von Sarnen. Eine andere bekannte Sage wurde rund 250 Jahre später zu Papier gebracht. Der Arzt und Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer publizierte 1707 die Blüemlisalpsage. Ein eitler und verschwenderischer Senn lebt auf seiner fruchtbaren Alp im Überfluss, während die Menschen im Tal hungern. Doch er teilt seinen Reichtum nicht und macht sich sogar über die verzweifelten Talbewohner lustig. Zur Strafe verwandelt sich die blühende Alp in eine Stein- und Eiswüste. Die Sage ist in verschiedenen Variationen im ganzen Alpenraum zu finden und schon Scheuchzer sah darin eine erzieherische Funktion.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt faszinieren Sagen die Menschen bis heute. Und wenn die Schatten länger werden und plötzlich die Gestalt des Teufels annehmen oder der Bergbach grollend und tobend wie ein Drache in die Schlucht stürzt, kann man sich lebhaft vorstellen, warum sich die Menschen früher gefürchtet haben.


Postkarte, Gruss von der Teufelsbrücke, 1904 Von der Teufelsbrücken-Sage gibt es verschiedene Variationen. So wird in einigen der Geissbock durch einen Hund ersetzt, der mit einem Stück Fleisch über die Brücke gelockt wurde. Schweizerisches Nationalmuseum

Sgraffito mit Drache und Melusine, Cinuos-chel (GR)
Die Melusinen-Sage entstand zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Melusine, die sich jeweils samstags in ein schlangenähnliches Wesen verwandelt, heiratet Raymond von Poitiers unter einer Bedingung: Er darf sie am Samstag nie sehen. Er bricht das Tabu und Melusine entschwindet in Gestalt eines fliegenden Drachens.
Foto: Christian & Hans Meisser © Fototeca dal DRG

Spraybilder zu Alpensagen, Das Sennentunschi, Hans Jörg Leu, 2020
Aus Langeweile und Übermut basteln Älpler eine Puppe. Sie füttern sie mit Käse und Rahm, spielen und schwatzen mit ihr – und missbrauchen sie. Zur Überraschung der Männer wird die Puppe plötzlich lebendig. Sie rächt sich an einem der Sennen, tötet ihn und spannt seine Haut auf das Dach.
© Hans Jörg Leu, Baden

Hexen machen Wetter, Michael Greyff, 1489
Der Glaube an Wetterzauber reicht lange zurück und ist auch in den Hexenprozessen vom 15. bis ins 18. Jahrhundert ein häufig vorkommender Anklagepunkt. In den Alpenländern wird der Wetterhexe das Entstehen von Lawinen, Erdrutschen, Steinschlag oder ausbrechenden Wildwassern zugeschrieben.
ALBERTINA, Wien

Tapete mit Darstellung der Teufelsbrücke, um 1820 – 1825
Sagen von Teufelsbrücken findet man im ganzen europäischen Raum. Üblicherweise fordert der Teufel für seine Dienste eine Seele. Hier überlisten die Urner den Teufel, indem sie einen Geissbock über die Brücke jagen, so dass er nur dessen Seele bekommt.
Schweizerisches Nationalmuseum

Vue du fameux Pont du Diable, Christian von Mechel (1737 – 1817), um 1790 Die Teufelsbrücke war auch bei den auf ein touristisches Publikum ausgerichteten Landschaftsansichten ein beliebtes Motiv. Die grosse Bedeutung des Gotthards als Verkehrsweg zeigt sich in zahlreichen Landschaftsdarstellungen. Schweizerisches Nationalmuseum

Scherenschnitte mit Szenen aus der Tells-Geschichte, 1820 – 1830
Die Sage um einen Schützen, der seine Unabhängigkeit gegenüber einem Herrscher durch einen Apfelschuss demonstriert, ist eine ursprünglich besonders in Nordeuropa und auf den Britischen Inseln verbreitete Wandersage. Unter dem Namen Wilhelm Tell wird die Sage in der Schweiz zum ersten Mal im Weissen Buch von Sarnen verewigt und mit Schillers Drama von 1804 über den deutschsprachigen Raum hinaus bekannt.
Schweizerisches Nationalmuseum

Blick in die Ausstellung







 

Quelle: Schweizerisches Nationalmuseum
Bildquelle: Schweizerisches Nationalmuseum

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