Pfahlbauten im Bielersee: Nachhaltiger Schutz für Unesco-Welterbestätte

Seit der Juragewässerkorrektion ist die rund 4 750-jährige Pfahlbaufundstelle vor dem von Rütte-Gut in Sutz durch die Erosion des Seegrunds und des Ufers gefährdet.

Deshalb liess der Archäologische Dienst des Kantons Bern die verbleibenden archäologischen Schichten von August bis November 2020 mit einem Wellenbrecher und einer Steinschüttung schützen.

Vor der Landspitze beim von Rütte-Gut in Sutz liegt eine wichtige Fundstelle aus der Jungsteinzeit. Sie steht seit 2011 im Rahmen des Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ unter dem Schutz der Unesco.

Seit der Senkung und Regulierung des Seespiegels durch die beiden Juragewässerkorrektionen (1868-1873, 1939 und 1962–1973) lagen die hier erhaltenen Überreste eines jungsteinzeitlichen Dorfes in einer Zone, die vor allem Westwindstürmen frei ausgesetzt ist. Bei starkem Wind wurden die Siedlungsreste vom Wellengang und der Strömung abgetragen, das empfindliche organische Fundgut aufgerieben und das Ufer immer weiter zurückgedrängt.

Entwicklung eines Konzepts als Grundlage für den Schutz der Fundstelle

Bereits in den 1990er-Jahren unternahm der Archäologische Dienst des Kantons Bern einen ersten Versuch, diesen empfindlichen Uferabschnitt zu schützen. Der damals errichtete Palisadenzaun hielt der Gewalt des Wassers aber nicht lange stand. Bald war klar, dass eine nachhaltigere Lösung gesucht werden musste.

Im Auftrag des Archäologischen Dienstes führte das Laboratoire de Construction Hydraulique der EPF in Lausanne 2016/17 eine Wellensimulation und anschliessend eine Studie zur Modellierung möglicher Schutzmassnahmen durch. Gestützt auf diese Ergebnisse und in Zusammenarbeit mit den betroffenen kantonalen Fachstellen erarbeiteten ein Ingenieurbüro und das Landschaftswerk Biel-Seeland ein Schutzkonzept. Das Ziel war es, den Seegrund mit einer Schüttung aus Geröllen zu stabilisieren und das weitere Zurückweichen des Ufers durch einen Wellenbrecher zu unterbinden. Die Massnahmen sollten gleichzeitig die archäologischen Schichten schützen, ökologisch sinnvoll und nachhaltig sein.


Die Blöcke für den Wellenbrecher werden in ein Bett aus feinem Kies gesetzt. (Bild: © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Rolf Stettler)

Der Bagger bringt die Überdeckung für die archäologischen Schichten vor dem Wellenbrecher aus Kalksteinen ein. (Bild: © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Marianne Ramstein)

Die fertige Schüttung (helle Fläche im Wasser) deckt die Fläche mit archäologischen Schichten der jungsteinzeitlichen Fundstelle ab. Der Wellenbrecher, der bei Hochwasser überspült wird, soll das weitere Zurückweichen des Ufers verhindern. (Bild: © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Carlos Pinto)

Umsetzung der baulichen Massnahmen von August bis November

In einem ersten Schritt wurden im Juli 2020 die am Seegrund offenliegenden archäologischen Schichten eingemessen und ein dreidimensionales Modell des Ist-Zustandes der Fundstelle erstellt. Die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes sammelte die oberflächlich liegenden Funde ein und deckte die ganze Fläche, die geschützt werden sollte, mit Kokosmatten ab. Diese dienen als Trennschicht zu den noch erhaltenen archäologischen Schichten.

Auf dieser Unterlage erstellte die Firma Marti Travaux Spéciaux Neuchâtel SA von August bis November den eigentlichen Schutzbau. Dem Ufer vorgelagert ist ein Wellenbrecher aus grossen Kalksteinblöcken. Seine Krone liegt auf dem mittleren Sommer-Seewasserstand, er wird also zeitweise überflutet.

Zwischen den Blöcken eingebautes Totholz bietet Lebensraum für Jungfische. Dieser massive Bauteil soll verhindern, dass die Bäume im Uferwald weiter unterspült werden und umstürzen. Eine Aufschüttung aus feinem Kies zwischen dem Wellenbrecher und der Uferlinie deckt zudem die hier noch vorhandenen archäologischen Schichten ab und bietet gleichzeitig der Ufervegetation die Möglichkeit, sich zu erholen. Damit soll der bestehende Ufersaum gefestigt werden.

Seeseitig des Wellenbrechers wurden die archäologischen Schichten mit einer Geröllschüttung überdeckt. Diese soll die Wellen frühzeitig verlangsamen respektive zum Brechen zu bringen. Die Korngrösse der Schüttung wurde so gewählt, dass die Steine auch bei starkem Wellengang nicht oder nur unerheblich verfrachtet werden. Der Einbau von Erosionsmarkern soll in den kommenden Jahren erlauben, allfällige Verschiebungsprozesse zu beobachten und gegebenenfalls rechtzeitig darauf zu reagieren. An den Kosten von rund 1,1 Millionen Franken für die Massnahmen beteiligt sich der Bund mit 350 000 Franken.

Dank einer intensiven und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen dem Archäologischen Dienst, den Fachstellen im Bereich Wasserbau und Naturschutz, den Ingenieuren und der Bauunternehmung ist die Realisierung eines ambitionierten Schutzkonzepts für eine international bedeutende Fundstelle gelungen, das auch für die Zukunft richtungsweisend sein kann.

 

Quelle: Kanton Bern
Titelbild: © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Carlos Pinto

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