Erster Kunstdenkmälerband zum Kanton Glarus frisch erschienen

Die „schwarzen Bände“, von denen schweizweit über 130 erschienen sind, kennen noch „weisse Flecken“. In Glarus ändert sich dies nun: Der eben gedruckte erste Band der Glarner Reihe der Kunstdenkmäler der Schweiz rückt die Geschichte der Dörfer der Gemeinde Glarus Nord ins Blickfeld.

Als Autor konnte vor acht Jahren der Kunsthistoriker Andreas Bräm gewonnen werden. Herausgeberin der Kunstdenkmäler‐Reihe ist die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK.

Im Glarner Unterland (seit 2011 Gemeinde Glarus Nord) ist die alte Bebauung weitgehend intakt erhalten: Das macht die Forschung spannend und die Forschungsergebnisse zahlreich. So sind gut 20 Bauten vor 1600 entstanden. Bereits in römischer Zeit war das Gebiet eine Durchgangszone zu den Bündner Alpenpässen: Davon zeugt das Kleinkastell in Filzbach‐Vordemwald, das zur Zeit des Kaisers Augustus errichtet wurde.

Zum ersten Mal wird mit dem vorliegenden Band auch der Besonderheit der Glarner Herrenhäuser Rechnung getragen. Viele dieser Häuser sind weder bekannt noch wurden sie je zuvor erforscht. Im regionalen Vergleich sind diese quantitativ wie qualitativ überraschend. Oft jedoch sind die Baumeister namenlos: dies gilt sogar für den „besten Profanbau“, den Freulerpalast in Näfels.

Zwei Mal zweigeteilt

Glarus Nord bietet zwei völlig unterschiedliche Kulturlandschaften: Die touristisch attraktiven Dörfer auf dem Kerenzerberg über dem südlichen Walensee stehen der „sumpfigen Ebene“ gegenüber, die erst durch das „Nationalwerk“ der Linthkorrektion ab 1807 für die Landwirtschaft und sogar erst ab 1834 für die Ansiedlung grosser Textilfabriken gewonnen werden konnte.

Hier wird sichtbar, wie sich ein bäuerliches Alpental zum „Industriestaat“ wandelte. Doch auch konfessionell ist das Gebiet zweigeteilt: Sind Näfels und Oberurnen katholisch, ist der übrige Teil protestantisch – was sich leicht erkennbar auch baukulturell auswirkte (erste Talkirche 6. Jh. in Glarus; Neubauten im Zeitalter der Konfessionalisierung).

Der lange Weg zum ersten Band

Bereits um 1940 wurden erste Anstrengungen unternommen, die Bau‐ und Siedlungsgeschichte des Kantons Glarus aufzuarbeiten. Rund zehn Jahre später hatte der Glarner Architekt Hans Leuzinger Material für einen ersten Band gesammelt. Bis 2007 hat auch Jürg Davatz, Leiter des Museums des Landes Glarus und vielfacher Buch‐Autor, wichtige Vorarbeiten für die Herausgabe eines Bandes zum Glarner Unterland geleistet: doch erst 2009 beschlossen Regierungsrat und Landrat, die Erforschung und Publikation der Glarner Kunstdenkmäler anzugehen.

Über die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK

Die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK dokumentiert, erforscht und vermittelt seit 1880 das baugeschichtliche Kulturerbe der Schweiz und trägt zu dessen langfristiger Erhaltung bei. Die Non‐Profit‐Organisation arbeitet in drei Landes‐sprachen und ist Herausgeberin verschiedener Publikationen sowie einer Fachzeitschrift zu Architektur und dekorativer Kunst.


Näfels, Römisch‐katholische Pfarrkirche. Der Hauptaltar von 1783 mit dem Säulenretabel von Josef Anton Berchtold; Friedrich Vollmar schuf die Figuren und Johann Melchior Wyrsch die Gemälde. (Bild: Jürg Davatz)

Näfels, Im Dorf 19, Freulerpalast, Sala terrena um 1645. Der barocke, wohl Stuckateur geschaffene Erdgeschossaal ist im Glarnerland einzigartig. (Bild: Markus Wolleb, um 1980)

Mollis, Spinnereistrasse 32–36, Südwestfassaden. 1884–1887 von Baumeister Zacharias Schindler erstellte Häuserzeile, die von den Mitarbeitern der Spinnerei & Weberei Mollis genutzt wurde. Feuerwehrübung um 1900. (Bild: OMM 1262)

Mollis, Haltligasse 2. Rüfihaus im Hinterdorf von 1688. Südfassade vor der Restaurierung von 1973. Blockhaus auf einem gemauerten Kellersockel. Alte Fenstereinteilung, teilweise mit Butzenscheiben. Mit dem „Rain“ das älteste Haus des Hinterdorfs. Rechts der „Weinrain“ von 1720. (Bild: Fietz Schönwetter, um 1960. LAGL 84527/6//285)

Oberurnen, Schwänditalstrasse 1, Schwändital‐Schulhaus mit angebauter römisch‐katholischer Kapelle. Die „Schulcorporation in den Näfelserbergen“ errichtete es 1860 zusammen mit einer ersten Kapelle für die Alpbewohner der beiden katholischen Gemeinden. Heutiger Anbau von 1976. (Bild: Foto Ralph Feiner, 2017)

Niederurnen, Büel 1, Schulhaus Bühl von 1908. Vom Jugendstil geprägtes Portal aus der Bauzeit an der Ostseite. (Bild: Andreas Bräm)

Bilten, Elsenerstrasse 14, Milt/Elsiner‐Haus, Täferstube. Aquarell von 1882, signiert „J. L. Meyer pinx“. 101 × 51,8 cm. (Bild: Zürich, SNM, LM‐65419)

Bilten, Hauptstrasse 20, Feuerwehrhaus. Der Kleinbau ist inmitten von Neubauten weitgehend unverändert erhalten. (Bild: Andreas Bräm)

Obstalden, Dorf 8, Höfli. Dachkammer mit Blick gegen Osten. Gemalte Säulen tragen einen marmorierten Architrav, der mit dem obersten, leicht vorkragenden Balken der Bohlenwände zusammenfällt. Malerei aus der Bauzeit um 1700. (Bild: Urs Heer, 2010)

Obstalden, Walenguflen 19, Stickereipavillon. In dem bäuerlichen Weiler betrieb Jacob Ackermann von 1883 bis in die Zwischenkriegszeit eine kleine Stickerei in diesem Holzpavillon. Bedeutender heimindustrieller, stark gefährdeter Kleinbau. (Bild: Andreas Bräm)

Filzbach, Webereistrasse 11, 7. Ehemalige Seidenweberei am Filzbach von 1890/1905; talseitig ein zugehöriges Mehrfamilienhaus. An der Hangkante das Schulhaus von 1837 und die Bäckerei Menzi von 1748. (Bild: Andreas Bräm)

Blick auf Mühlehorn um 1919. Das Siedlungszentrum besetzt die barocke Frontturmkirche, in östlicher Richtung die Gasthäuser Tellsplatte und Traube und hangseits gegenüber das 1835 erbaute Haus des „Krämers“ Jacob Kamm. Talseitig über dem Geleise entstanden seit dem mittleren 19. Jahrhundert diverse Gewerbebauten. Seeseitig am Weg folgen das alte Pfarrhaus und schräg gegenüber das Taglöhnerhaus des Jacob Küng von 1859, ein kleiner, zweistöckiger Blockbau mit Reihenfenstern, giebelständig zum Weg hin (Dörflistrasse 5 und 13). Das Schulhaus dominiert die östliche Dorfhälfte. Die Walzmühle der Firma „Heussi & Cie.“ thront in der Art einer mittelalterlichen Burg über dem Dorf. Foto Walter Mittelholzer, um 1919. (Bild: Zürich, ETH‐Bibliothek, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz, LBS_MH01‐002090)

Titelbild: Näfels, Sendlen mit der Pfarrkirche von 1778–1781 im Zentrum. Blick in nordöstlicher Richtung. An die Kirche anschliessend Friedhofkapelle und Pfarrhaus von 1921. Nördlich der Kirche altes Pfarrhaus von 1533 (?). Vor der Kirchenfassade stehen die Häuser Kirchstrasse 6, 8, 10 und am linken Bildrand das Haus An der Letz. Im Hintergrund Schlachtdenkmal von 1887/88; dahinter gut zu erkennen der Verlauf der Letzimauer.

 

Quelle: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK
Titelbild: Andreas Bräm

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