Archäologie: Seltene Funde des römischen Gutshofs Heideloch

Die Ausgrabung ist in vollem Gange. Im Vordergrund eine gut erhaltene Mauer des römischen Gutshofs.

Im Heideloch in Triengen findet die erste grössere Grabung im Landwirtschaftsbetrieb eines römischen Gutshofs in der Zentralschweiz statt.

Die bislang geborgenen Funde spiegeln die landwirtschaftliche und gewerbliche Nutzung des Areals aus dem 2. Jh. n.Chr. wider. Die erste Grabungsetappe wird im August abgeschlossen.

Auf einem Grabungsfeld von rund 150 Quadratmetern gelang es der Luzerner Kantonsarchäologie, auf dem Areal des Gutshofs Heideloch in Triengen Ruinen und landwirtschaftliche Zeugnisse der römischen Kulturgeschichte zu bergen. Dazu gehören etwa das Fragment eines Mühlsteins, ein Messer aus Eisen, Glasschlacken und Grobkeramik.

Diese Funde lassen Schlüsse zur landwirtschaftlichen und gewerblichen Nutzung des römischen Gutshofs zu, der im 2. Jh. n.Chr. bestand. In diesem Bereich besteht ein grosser Nachholbedarf, da die ältere Forschung in erster Linie die reich ausgestatteten Herrenhäuser und weniger Gesindehäuser, Ställe und Werkstätten untersucht hat.

Das Areal, auf dem die archäologischen Sondierungen stattfinden, gehört der Jules Steiger AG. Die Kantonsarchäologie wird die erste Grabungsetappe im August 2017 abschliessen.

Hintergrundinformationen

1835 berichtet Josef August Isaak, ein Pionier der Luzernischen Altertumsforschung, von einer Reise nach Triengen. Im Heidenloch waren Mauern und viele Funde zum Vorschein gekommen (gestempelte Ziegel, Keramikscherben, Glasfragmente etc.), die Isaak als Reste eines römischen Gutshofs identifizierte.


Die örtliche Grabungsleiterin Alissa Cuipers erklärt Dr. Karin Pauleweit, Leiterin der Dienststelle Hochschulbildung und Kultur, gemeinsam mit dem Kantonsarchäologen Jürg Manser die Grabungsergebnisse.
Die örtliche Grabungsleiterin Alissa Cuipers erklärt Dr. Karin Pauleweit, Leiterin der Dienststelle Hochschulbildung und Kultur, gemeinsam mit dem Kantonsarchäologen Jürg Manser die Grabungsergebnisse.

Man kannte damals keine Scheu, die Ruine zu plündern und die Baumaterialien zu verkaufen. Danach verschwand der Gutshof wieder aus dem öffentlichen Bewusstsein. Seit Bestehen der Kantonsarchäologie ist es nicht gelungen, den Gutshof wieder zu lokalisieren und seine Ausdehnung zu bestimmen.

Das Vorhaben der Jules Steiger AG, ihren Werkhof um eine Anlage zur Betonproduktion zu ergänzen, löste auf dem rund 6000 m2 grossen Areal Heideloch archäologische Sondierungen aus. Nebst den erhofften, nach 182 Jahren wieder neu entdeckten römischen Ruinen traten überraschend auch viel ältere Zeugen der Kulturgeschichte ans Tageslicht.

Die eisenzeitlichen Befunde

In einem Leitungsgraben entlang der Kantonsstrasse konnte eine tiefe, annähernd rechtwinklig ausgeschachtete und mit humosem Material verfüllte Grube dokumentiert werden. An der Grubensohle geborgene Keramikfragmente datieren in die frühe Eisenzeit (8. Jh. v.Chr.). Befunde dieser Zeitstellung sind im Kanton Luzern sehr selten.

Die Form der Grube und der Erhaltungszustand der Keramik deuten darauf hin, dass es sich bei der angetroffenen Struktur um ein Grab handeln dürfte. Trotz der Seltenheit und grossen wissenschaftlichen Bedeutung dieser Befunde wurde die Grabung an dieser Stelle nicht fortgesetzt. Dank des Entgegenkommens der Bauherrschaft konnte das Bauprojekt um rund 0.5 m angehoben und so die hier liegenden Befunde geschützt werden.


Die Archäologin Alissa Cuipers (links) erklärt zwei Ausgräbern das weitere Vorgehen bei der Freilegung der römischen Strukturen.
Die Archäologin Alissa Cuipers (links) erklärt zwei Ausgräbern das weitere Vorgehen bei der Freilegung der römischen Strukturen.

Damit verbleiben die eisenzeitlichen Befunde – entsprechend dem gesetzlichen Kernauftrag der Kantonsarchäologie – geschützt im Boden und stehen künftigen Generationen zur Erforschung zur Verfügung.

Die römischen Befunde

Die Sondierungen gestalteten sich aufgrund der Grösse des Geländes zwar als aufwendig, waren letztlich jedoch von Erfolg gekrönt. Die Erfassung einer römischen Mauer erlaubte es, die von Isaak beschriebene römische Niederlassung zu lokalisieren. Anschliessend wurde im März 2017 mit geophysikalischen Methoden (Georadar) das nähere Umfeld der angetroffenen Mauer untersucht und anhand der Ergebnisse ein Grabungsfeld von rund 150 m2 definiert.

Nebst grossen Mengen an römischem Mauerversturz und verschiedenen neuzeitlichen Entwässerungsgräben (Drainagen) konnte die nordwestliche Ecke des Gutshofs freigelegt werden. Die massiv gemauerte, rund 70 cm breite Mauer war teilweise bis an die Oberfläche erhalten. In ostwestlicher Richtung konnten nur noch die untersten Lagen des Fundamentes nachgewiesen werden – das aufgehende Mauerwerk war in nachrömischer Zeit ausgebrochen und der Wiederverwendung zugeführt worden.

Aus Isaaks Aufzeichnungen wissen wir, dass sich das Hauptgebäude, also die Villa des Gutsbesitzers, weiter östlich in Hanglage befunden haben muss, ungefähr im Bereich des bestehenden Bauernhauses. Die neu entdeckte Mauer gehört daher ohne Zweifel zum Landwirtschaftsteil des Gutshofs. In der sog. pars rustica befanden sich einst die Gesindehäuser, Ställe und Werkstätten.

Da sich die ältere Forschung in erster Linie für die oftmals reich ausgestatteten Villen interessierte, besteht heute in der Erforschung der landwirtschaftlichen Einrichtungen der römischen Gutshöfe ein grosser Nachholbedarf. Für die Zentralschweiz ist das Heideloch gar die erste grössere Grabung in einem römischen Landwirtschaftsbetrieb überhaupt.

Die bislang geborgenen Funde wie das Fragment eines Mühlsteins, ein Messer aus Eisen, Glasschlacken und Grobkeramik spiegeln die landwirtschaftliche und gewerbliche Nutzung des Areals.


Die Ruine des römischen Gutshofs von Triengen Heideloch wurde im 19. Jahrhundert geplündert und das Baumaterial der Wiederverwendung zugeführt. Hinten links ein gut erhaltenes Teilstück der Gutshofmauer.
Die Ruine des römischen Gutshofs von Triengen Heideloch wurde im 19. Jahrhundert geplündert und das Baumaterial der Wiederverwendung zugeführt. Hinten links ein gut erhaltenes Teilstück der Gutshofmauer.

Zur Datierung können noch keine genauen Angaben gemacht werden, doch bestand der Gutshof sicherlich im 2. Jh. n.Chr.

Die erste Grabungsetappe wird im August abgeschlossen. In Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft wird – wie im Bereich des mutmasslichen Grabes aus der Eisenzeit – nach einer Lösung gesucht, auch diese Befunde grossflächig zu schützen und nicht in einer aufwendigen und teuren Rettungsgrabung dokumentieren zu müssen. Da die Oberkante der römischen Mauern nur rund 10 cm unter dem aktuellen Bodenniveau liegt, ist diese Aufgabe besonders anspruchsvoll.

 

Quelle: Staatskanzlei Luzern
Artikelbilder: Staatskanzlei Luzern

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