Nägeligasse in Stans: Archäologische Grabung mit überraschenden Ergebnissen

Der Regierungsrat stimmte zu Beginn des Jahres einer archäologischen Rettungsgrabung an der Nägeligasse in Stans zu. Im April wurde die Grabung termingerecht abgeschlossen und die ersten Ergebnisse liegen jetzt vor: Der historische Friedhof reicht ins 8. Jh. n. Chr. zurück. Damit ist er deutlich älter als vermutet.

Die Gemeinde Stans sanierte im Frühjahr Kanalisations- und Werkleitungen im Gebiet Nägeligasse und Knirigasse. Von diesen Arbeiten waren auch Teile des historischen Friedhofs betroffen, die unter der Nägeligasse lagen. Der Regierungsrat bewilligte eine archäologische Rettungsgrabung, weil dieser Friedhofsteil ansonsten durch die Bauarbeiten zerstört worden wäre.

Grabung pünktlich abgeschlossen

Die archäologische Ausgrabung begann im Januar und wurde am 8. April 2016 termingerecht abgeschlossen, so dass das Gelände an der Nägeligasse wieder für die Bauarbeiten freigegeben werden konnte. Vom 11. bis 22. April 2016 wurde die Erstellung der Fernwärmeleitung, die von der Nägeligasse zur Kirche hinführt, durch ein zweiköpfiges Team archäologisch begleitet. Anschliessend wurden die Funde, insbesondere die menschlichen Skelette, im Staatsarchiv gereinigt und Proben für die physikalische Altersbestimmung (C14- Radiokarbondatierung) entnommen.

Ergebnisse halten Überraschungen bereit

Insgesamt liessen sich für das ausgegrabene Gebiet sechs Nutzungsphasen feststellen, deren älteste bis ins Frühmittelalter zurückreicht. Drei Befunde sind besonders erwähnenswert: Am Rand der Grabungsfläche fanden sich die Reste eines Kalkbrennofens, der ins 7./8. Jahrhundert datiert werden kann. Der in diesem Ofen produzierte Brennkalk dürfte bei der Errichtung der ältesten in Stans nachgewiesenen Kirche Verwendung gefunden haben. Diese 8.75 x 6 Meter kleine Kirche wurde bei den 1984/85 durchgeführten Ausgrabungen in der Pfarrkirche St. Peter und Paul entdeckt, ihr Alter konnte aber nur geschätzt werden.

Zusammen mit den jetzt gefundenen ältesten Gräbern, die ebenfalls aus dem späten 7. bis 9. Jahrhundert stammen, kann die Nidwaldner Mutterkirche erstmals genauer datiert werden. Die Bewohner von Stans nutzten das Gebiet gleichzeitig mit der Errichtung der Kirche ab dem 8. Jahrhundert auch als Friedhof.

Unmittelbar daneben fanden die Archäologen eine vermutlich temporär genutzte Glockengusswerkstatt. Drei Glockengussgruben wurden festgestellt, die dem Anschein nach alle kurz hintereinander verwendet worden waren. Die C14- Datierung weist auf einen Zeitraum zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert hin. Ob hier Glocken für den 1641-1647 errichteten Neubau der Stanser Pfarrkirche oder für den im 14. Jahrhundert errichteten gotischen Vorgängerbau hergestellt worden sind, kann noch nicht abschliessend gesagt werden.

Eine Besonderheit der aktuellen Ausgrabung sind drei Grabgruben, in denen jeweils bis zu 20 Tote bestattet worden sind. Die Skelette aus diesen Mehrfachbestattungen datieren von der 2. Hälfte des 15. bis in die 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Offenbar wurden Menschen ganz unterschiedlichen Alters und beiderlei Geschlechts gleichzeitig – oder in sehr kurzer Zeit – und sehr dicht nebeneinander beigesetzt. Es muss mit einem oder mehreren Ereignissen in diesem Zeitraum gerechnet werden, die mehrere Todesopfer gleichzeitig gefordert haben. In Frage kommen die in den Schriftquellen belegten schweren Pestzüge zwischen 1493 und 1629 mit zahlreichen Toten. Allerdings ist dies nur durch weitere Untersuchungen verlässlich zu belegen.

Folgeuntersuchungen versprechen lohnende Erkenntnisse

Die aktuellen Grabungsergebnisse sind für die Früh- und für die mittelalterliche Geschichte Nidwaldens bereits jetzt von grosser Bedeutung; weitere Untersuchungen sind lohnenswert.

Eine erste Folgeuntersuchung ist bereits aufgegleist. Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern, das in die Ausgrabung der Skelette involviert gewesen ist, will in einem eigenen Projekt Proben aus den Mehrfachbestattungen weiterführenden genetischen Untersuchungen unterziehen. So sollen Erklärungen über die Ursachen dieser grossen Anzahl von Todesfällen innert kurzer Zeit gefunden werden.

Am Montag, 14. November 2016, findet im Rahmen der Herbstversammlung des Historischen Vereins Nidwalden ein öffentlicher Vortrag zu den in den letzten beiden Jahren durchgeführten archäologischen Grabungen im Dorfkern von Stans statt. Der Grabungsleiter Valentin Homberger berichtet über die Grabungen an der Engelbergstrasse und in der Nägeligasse und präsentiert die archäologischen Ergebnisse aus erster Hand.

Ort: Aula, Kollegium St. Fidelis, Stans
Zeit: 20:00 Uhr

Der Vortrag ist öffentlich und der Eintritt ist frei.

 

Artikel von: Kanton Nidwalde, Staatskanzlei
Artikelbild: © sevenMaps7 – shutterstock.com

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