Kinder entdecken Geschichte im Schloss Lenzburg
VON belmedia Redaktion Projekte
Das Kindermuseum im Schloss Lenzburg (Kanton Aargau) hat Tradition und erfreut sich bei Familien grosser Beliebtheit, wie Besucherumfragen zeigen. Nun wurde der Dachstock der Landvogtei umgebaut, um Schulkindern historischen Stoff als aktive Abenteuerreise zu vermitteln.
Thematischer Hintergrund bilden die Geschichten rund um den letzten Schlossbewohner, Lincoln Ellsworth, der sich mit diversen Arktisexpeditionen anfangs des 20. Jahrhunderts einen Namen machte. Das Projekt PLIRRK! entstand in Zusammenarbeit mit Kindern des Vereins „Freunde der Lenzburg“, welcher das Projekt finanziell grosszügig unterstützte.
Altersgerechte Angebote für junge Entdecker
Das Kindermuseum ist einer der meistbesuchten Teile der Dauerausstellung auf dem Ritter- und Drachenschloss Lenzburg. Eine breite Palette von Bastel- und Spielangeboten ist vor allem für kleinere Kinder interessant. Spezifische Interessen von Kindern zwischen acht und zwölf Jahren werden durch den neuen Teil im oberen Stock mit altersgerechten Angeboten angesprochen.
Die Basis für die Neugestaltung bildeten denn auch Ideenskizzen von Kindern. Die Umsetzung wurde während sechs Monaten mit einer Gruppe von interessierten Kindern unter der Leitung der Geschichtsvermittlerin Brigitte Poffa entwickelt. Die Kinder lernten, was es alles zu beachten gilt, wenn man eine neue Ausstellung „erfindet“.
Der neue Teil steht ganz im Zeichen der Entdecker! So geht es zum Beispiel um Seefahrer, welche vor langer Zeit neue Länder entdeckten. Wie konnten sie damals navigieren und wie sich vor gefährlichen Meeresungeheuern in Sicherheit bringen?
Von Lincoln Ellsworth, dem letzten Schlossbesitzer, erfahren die Kinder Spannendes aus seinen abenteuerlichen Reisen in die klirrende Kälte am Nord- und Südpol. Ein Originalfilm der Nordpolexpedition von 1925 zeigt, welche Strapazen die Männer auf sich nehmen mussten. Der Name PLIRRK! steht für Abenteuer, Ungewissheit sowie Kälte und wurde ebenfalls von einem Kind kreiert.
Geschichte des Kindermuseums Lenzburg
Vor zirka zwanzig Jahren entstanden in der Schweiz die ersten Kindermuseen. Sie waren einerseits geprägt von bunten, künstlichen Vorbildern aus den USA, andererseits von traditionellen, musealen Bildern. „Hands-on“, neue Besucherwege, Partizipation, Action und Bewegung lockten immer mehr Familien und Schulklassen in die ehemaligen „Kulturtempel“. Das Museum ist heute als Ausflugsziel für Spass und Unterhaltung genauso etabliert wie als ausserschulischer, pädagogisch wertvoller Lernort.
Das Kindermuseum auf Schloss Lenzburg wurde bereits 1987 im Dachstuhl der Landvogtei aus dem Jahr 1520 eröffnet. Es war aber nicht als eigentliches Museum, sondern als Raum für kindergerechte Aktivitäten konzipiert. Zielgruppen waren vor allem jüngere Kinder. Dieses Konzept funktioniert nach wie vor und wird nicht in Frage gestellt. Im Obergeschoss sollen nun aber zusätzlich die etwas älteren Kinder auf ihre Rechnung kommen. Deshalb wollte man mit Kindern einen Museumsteil für Kinder entwickeln.
Das letzte Kapitel der Schlossgeschichte: Vater und Sohn Ellsworth
1911 kaufte James W. Ellsworth (1849-1925) das Schloss Lenzburg für 550’000 Franken. Ellsworth war ein reicher Industrieller aus Ohio. Während der erste private Schlossbesitzer, Wilhelm Wedekind das Schloss als sichtbare Krönung seines Lebens erwarb, so tätigte James Ellsworth den Kauf aus ganz anderen Motiven.
So wissen wir von Sohn Lincoln: „Schloss Lenzburg hat mein Vater, soviel ich weiss, nur gekauft, um in den Besitz des berühmten Tisches aus dem 10. Jahrhundert zu kommen, der einst Friedrich Barbarossa gehört hatte. Der damalige Eigentümer der Schlossanlage, August E. Jessup, weigerte sich, den Barbarossa-Tisch meinem Vater zu verkaufen, liess aber durchblicken, dass er die ganze Liegenschaft veräussern wolle. Daraufhin kaufte Vater, der den Tisch unter allen Umständen haben wollte, das ganze Schloss.“
Den Vater beschreibt Lincoln Ellsworth in seinem Buch „Beyond Horizons“ als Kunstmäzen und leidenschaftlichen Sammler. Prominent wurde der Name Ellsworth in Europa und Amerika durch seinen Sohn Lincoln. Dieser machte sich 1925 zusammen mit dem norwegischen Polarforscher Roald Amundsen zur abenteuerlichen Nordpol-Expedition auf. Diese Entdeckerreise wurde auf Drängen Lincolns von Ellsworth senior finanziert.
James W. Ellsworth starb 1925, noch während sein Sohn am Nordpol war und über dessen Verbleib Ungewissheit herrschte. Lincoln erbte Schloss Lenzburg. Er hielt sich jeweils für ein paar Wochen im Jahr auf der Lenzburg auf und bereitete weitere Expeditionen vor. Nach zwei gescheiterten Versuchen machte er sich 1935/36 zum Südpol auf und die Expedition war erfolgreich. Lincoln Ellsworth starb 1951 im Alter von 71 Jahren.
Kabinettausstellung für den letzten Schlossbesitzer Lincoln Ellsworth
2015 hat die Historische Sammlung des Museum Aargau ein Konvolut von über 100 Objekten aus dem Nachlass von Lincoln Ellsworth ersteigert. Diese ergänzen die schon bestehende Sammlung zur Familie Ellsworth. Die Objekte sind von hohem ideellem Wert für die Geschichte des Schlosses und seiner Bewohner. Darunter ist auch der damalige Kaufvertrag des Schlosses. Einige dieser Originalobjekte werden in einer Kabinettausstellung zu sehen sein, welche am 13. Mai im Turm auf Schloss Lenzburg eröffnet wird.
Erweiterung des Themenparks der Geschichte im Schloss Lenzburg
Die 2013 fertig gestellte Dauerausstellung auf Schloss Lenzburg mit dem Konzept „Schatten und Geräusche der Vergangenheit“ thematisiert die Bewohner und das historische Umfeld ihrer Epochen seit dem Bau der Burg im 11. Jahrhundert. Einige ehemalige Schlossbewohner, darunter der letzte private Besitzer Lincoln Ellsworth, werden neu in kleinem Umfang dem Publikum präsentiert. Im Geschichtsatelier, das 2017 wieder installiert wird, hat der Polarforscher bereits seinen Platz.
PLIRRK! – Ein neues Angebot für Kinder ab acht Jahren im Schloss Lenzburg
Eröffnung mit Einführung und Apéro am 30. April 2016 um 11 Uhr
Artikel von: Kanton Aargau, Staatskanzlei
Artikelbild: Schloss Lenzburg öffnet am 1. April die Saison (© Museum Aargau)