Wakkerpreis 2016 geht an Rheinfelden im Aargau

Der Schweizer Heimatschutz hat beschlossen, der Stadt Rheinfelden (AG) den Wakkerpreis 2016 zu verleihen.

Gewürdigt wird damit die gelungene Steigerung der Lebensqualität durch gute Vernetzung und nachhaltiges Denken von Behörden und Politik. Die offizielle Übergabe des Preises findet am 18. Juni 2016 statt.

Weitsichtige Stadtplanung zahlt sich aus

In der aargauischen Grenzstadt Rheinfeld wurde bereits vor 12 Jahren ein sogenannter Zonenplan erstellt. Darin haben Politiker, Stadtplaner und Bauexperten festgelegt, wie das Wachstum und die Entwicklung der am Rhein gelegenen Stadt künftig ablaufen und aussehen sollen. Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit waren dabei von Anfang an wichtige Schwerpunkte. Die Pläne sind aufgegangen – und die Verleihung des Wakkerpreises zeigt, dass die dahinterstehenden Ideen auch aus Sicht des Heimatschutzes gut und lohnenswert sind.

Die Verantwortlichen wollten Abstand nehmen von der zweidimensionalen Stadtplanung, die auch heute noch vielerorts praktiziert wird. Dabei werden Baugebiete ausgeschieden und in Zonen unterteilt, die dann auf dem Stadtplan mit verschiedenen Farben eingezeichnet werden können. In Rheinfelden wollte man nicht nur in Zonen und kurzfristigen Entwicklungen denken, sondern das Gesamtbild im Auge behalten und weitsichtiger planen. So wurden für alle wichtigen Entwicklungsgebiete der Stadt klare bauliche Ziele erarbeitet, die im Lauf der Zeit immer weiter verfeinert und nachhaltig umgesetzt werden können.

Nicht nur Politiker und Behörden sind von der städtebaulichen Gesamtsicht überzeugt. Auch die Bevölkerung von Rheinfelden steht hinter diesem Konzept, dessen Hauptaufgabe es ist, die Qualitäten ihrer Heimatstadt zu erhalten, zu fördern und durch neue Entwicklungen zu verbinden und zu mehren. Der nachhaltigen und sorgfältigen Siedlungsentwicklung in Rheinfelden brachten alle Beteiligten von Anfang an reges Interesse und eine grosse Bereitschaft zum Mitwirken entgegen.


Luftbild von Rheinfelden, Schweiz und Rheinfelden (Baden) getrennt vom Rhein. (Bild: Taxiarchos228, Wikimedia, GNU)

Erkennen und stärken, was die Stadt schöner macht

Rheinfelden (AG) hat viel zu bieten: Die historische Altstadt ist nicht nur schön, sondern ein lebendiges Zentrum, das Einheimischen und Touristen Raum für Aktivitäten aller Art bietet. Nutzung und Ausbau dieser vorhandenen Werte werden durch die nachhaltige Stadtentwicklung gefördert – beispielsweise durch gute Pflege und Vernetzung der zahlreichen Fuss- und Velowege.

Mit dem Wakkerpreis würdigt der Heimatschutz auch die gelungene Verknüpfung von Altstadt, Neubaugebieten sowie Grünflächen, Erholungs- und Freiräumen. So kann man die attraktive und spannende Wechselwirkung zwischen Atem und Neuem in Rheinfelden nicht nur sehen, sondern fühlen und erleben. Notwendige Nachverdichtungen im Stadtgebiet werden ganzheitlich geplant und integriert, damit Siedlungsgebiete und Freiräume sich schön ergänzen können, anstatt einander in die Quere zu kommen.

Damit das ganzheitliche Konzept in Rheinfelden funktioniert, arbeiten Politik und Verwaltung eng mit Grund- und Immobilienbesitzern, Investoren, Heimatschutz und Denkmalpflege zusammen. Durch kluge Planung und Koordination von Baumassnahmen, etwa durch den Tausch von Grundstücken, können unter anderem die Abwertung der Altstadt als Wohngebiet und der verstärkte Wegzug aus der Innenstadt in die Randgebiete vermieden werden.

Der historische Stadtkern von Rheinfelden sowie die ausserhalb gelegenen Werte der Baukultur werden durch separate Inventare und Reglementierungen geschützt. Das Parkpflegewerk regelt Erhalt und Schutz des historischen Stadtparks. Besonders komplexe Bauvorhaben und Projekte in sensiblen Stadtgebieten werden konsequent gefördert, begleitet und überwacht. Dabei fungiert der Beirat Stadtgestaltung als interdisziplinäres Gremium, in dem Experten unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen denken, planen und handeln.


Rheinfelden, Aargau (Bild: Mattes, Wikimedia, CC)

Enge Zusammenarbeit mit der deutschen Schwesterstadt

Rheinfelden liegt im Dreiländereck und direkt an der Grenze zwischen dem Kanton Aargau und Baden/Deutschland. Die Schwesterstadt am gegenüberliegenden badischen Rheinufer heisst ebenfalls Rheinfelden. Beide Städte pflegen seit Jahren eine grenzüberschreitende Freundschaft und fruchtbare Zusammenarbeit. Im Bereich der Stadtentwicklung bedeutet das einen regelmässigen Austausch zwischen den Verwaltungen und Behörden, aus dem immer wieder Projekte hervorgehen, die sich für beide Städte lohnen.

Rheinfelden (AG) und Rheinfelden/Baden regeln die Stadtbeleuchtung gemeinsam und teilen sich eine Buslinie, die beide Städte verbindet und für kurze Wege und Fahrzeiten sorgt. Die Rheinbrücke wurde mittlerweile vom Privatverkehr befreit und das vorgelagerte „Inseli“ im Rhein von den Schwesterstädten gemeinsam neu gestaltet. Ein weiteres Gemeinschaftsprojekt zur Aufwertung beider Städte ist der neue Rheinsteg: Der internationale Projektwettbewerb dazu fand in den Jahren 2013 und 2014 statt, aktuell wird über Bewilligung der Baukredite entschieden.

Der Wakkerpreis als öffentliche Anerkennung und starkes Symbol

Seit 1972 verleiht der Schweizer Heimatschutz (SHS) jedes Jahr den mit 20‘000 Franken dotierten Wakkerpreis. Namensgeber der Auszeichnung ist Henri-Louis Wakker, ein Genfer Immobilienunternehmer, Bankier und begeisterter Bergsteiger. Nach seinem Tod im Jahr 1972 vermachte Wakker einen Teil seines Vermögens dem Heimatschutz. Das Stiftungsvermögen sollte ermöglichen, einen Preis an Gemeinden zu vergeben, die sich in besonderem Masse für Schutz und Entwicklung ihres Ortsbildes engagieren.

Schwerpunktthemen des Wakkerpreises sind Landschafts- und Umgebungsschutz, Wohnqualität, Orts- und Verkehrsplanung sowie Nachhaltigkeit. Wesentliche Kriterien bei der Preisvergabe sind unter anderem die sichtbare Weiterentwicklung und qualitative Aufwertung des Ortsbildes sowie der respektvolle Umgang mit historischen Siedlungsstrukturen und Bauten. Das Preisgeld hat für die ausgezeichneten Gemeinden eher Symbolcharakter, doch der Wakkerpreis ist begehrt als die öffentliche Anerkennung vorbildlicher Leistungen.

 

Artikelbild: © Bildagentur Zoonar GmbH – Shutterstock.com

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Mehr zu Christine Praetorius

Christine Praetorius, Jahrgang 1971, spricht und schreibt über Neues, Altes, Schönes und Kurioses. Ich liebe Sprache und Musik als die grössten von Menschen für Menschen gemachten Freuden – und bleibe gerne länger wach, um ihnen noch etwas hinzuzufügen. Seit 2012 arbeite ich mit meinem Mann Christian als freie Texterin, Autorin und Lektorin.

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