Historische Bauwerke aus Kriegszeiten – wie schützenswert sind sie heute?
VON belmedia Redaktion Allgemein Bauwerke Schauplätze
Während sich die einen an den Panzersperren stören oder gar unter diesen Hindernissen zu leiden haben, kämpfen andere für ihren Erhalt. Gehen wir zuerst in den Kanton Bern. In der Nähe von Thun befindet sich der Ort Wimmis. Wer sich für Militärhistorik interessiert, findet hier eine wahre Fundgrube vor. Bereits die römische Armee hinterliess ihre Spuren. Im Jahre 1917 wurde in der Region eine Pulverfabrik errichtet. Und im 2. Weltkrieg veranlasste General Guisan den Bau der Festung Burgfluh. Zu dieser gehören etliche Toblerone: Panzersperren, die hier unglücklicherweise durch eine Landwirtschaftszone führen.
Die betroffene Bauernfamilie kämpfte während Jahrzehnten um den Abbruch der Betonklötze auf ihrer Weide. Nicht ohne Grund, die immer wieder aufgetretenen Verletzungen der Kühe wären zu vermeiden, wenn diese nutzlosen Hindernisse entfernt würden. Nachdem mir auf einer Wanderung eine ältere Frau davon erzählte, hatte ich nach Informationen gegoogelt. Was ich nicht in Erfahrung bringen konnte, ist, wie der Streit im Berner Oberland ausging und ob sich die Tiere immer noch ihre Weide mit den Tobleronen teilen müssen.
Welche Rolle spielte dabei die Denkmalpflege? Das Verteidigungsdepartement (VBS) gab die Anlage 2001 zum Abbruch frei, da sie ihre militärische Bedeutung verloren hatte. Inzwischen hatte sich die Kantonale Denkmalpflege eingeschaltet und die Panzersperren für schützenswert erklärt. Im Baudenkmalführer des Kantons Bern heisst es dazu: „Es handle sich um ein typologisch interessantes und vollständig erhaltenes Zeugnis des Réduitgedankens“. Die Vermutung, dass Abbruchkosten gespart werden sollten, konnte schnell verworfen werden: Der VBS lässt sich den Abbruch ausgedienter militärischer Objekte jährlich bis zu 3.5 Millionen Franken kosten.
Bei meiner Recherche fand ich lediglich einen rund 10 Jahre alten Bericht. Damals war noch absolut offen, ob man der Bauernfamilie entgegen kommen wird, oder nicht. Während die Verantwortlichen des VBS die Sache als abgeschlossen betrachteten, lies die zuständige Denkmalpflegerin des Kantons Bern verlauten, dass die Objekte zwar als schützenswert erfasst, aber nicht gleichzeitig unter Schutz gestellt wurden. Da ich keine aktuelleren Artikel zu dem Thema finden konnte, nehme ich an, dass man sich mit den betroffenen Landwirten irgendwie arrangieren konnte. Vielleicht ist jemand von unseren Lesern aus der Region und weiss mehr darüber?
Anderorts setzen sich Vereine für den Erhalt militärisch-historischer Bauwerke ein. Menschen, die selbst oder durch ihre Vorfahren einen Bezug zu den Objekten haben, nehmen sich dieser an, sodass diese Aufgabe gar nicht in den Bereich der Denkmalpflege fallen muss. Ein grossartiges Beispiel hierfür ist der Sentier des Toblerones, der Toblerone-Wanderweg. Zwischen Genfersee und Jura erinnert die 17 Kilometer lange Strecke an die Kriegsmobilmachung von 1939. Nun, ich hatte eingangs versprochen, keinen Kriegsbericht zu schreiben, weshalb ich nur ganz kurz auf die Entstehungsgeschichte eingehen möchte. Als sich in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts abzeichnete, dass ein europaweiter Krieg bevorstand, sah die Lage in der Schweiz folgendermassen aus:
Eine Fliegerabwehr oder eine Panzereinheit gab es in unserem Land nicht. Das Büro, welches im 1. Weltkrieg für Befestigungsbauten zuständig war, war schon 1921 geschlossen worden. Unter absoluter Geheimhaltung wurden zur Abwehr möglicher Angriffe mittels ausrangierter Bahnschienen und Beton die bis heute vorhandenen Toblerones errichtet. Nicht nur Soldaten, sondern auch Arbeitslose waren an dem Bau beteiligt. Partiell stellten sogar Privatpersonen aus Patriotismus Boden gratis zur Verfügung. In den Betonbarrieren wurden teilweise Kaponnieren eingefügt. Ausserdem gibt es mehrere Bauwerke, die als Festungen dienten und die mittels Telefonleitungen miteinander verbunden waren.
Wer auf dem Sentier des Toblerones wandert, wird diese gar nicht alle wahrnehmen. Eine Ausnahme bildet die Villa rose, die sich an der alten Verbindungsstrasse zwischen Genf und Lausanne befindet und auf Anmeldung besichtigt und für Veranstaltungen gemietet werden kann.
Ich bin vor einigen Jahren ein Stück dieses interessanten Wanderweges gegangen. Meine Wanderkollegen waren genau wie ich fasziniert, was die Natur im Laufe der Zeit mit dem geschichtsträchtigen Bauwerken machte. Moos und Efeu überwuchern viele der Zacken und lassen diese nicht als Fremdkörper, sondern als Teil von Wald und Flur erscheinen. Während die einen vor allem von der Vegetation begeistert waren, faszinierte andere die Geschichte, die sich hier abspielte.
Wer ausschliesslich zum Wandern hierherkommt, weiss wahrscheinlich gar nicht, dass ein Verein gegründet wurde, der sich um den Erhalt dieser Zeitzeugen kümmert. Privatpersonen übernahmen mit viel Herzblut die Denkmalpflege. Einheimische, deren Angehörige während der Kriegsjahre hier im Einsatz waren, möchten natürlich die Erinnerungen aufrechterhalten. Sie gründeten 1996 die Association de la ligne fortifiée de la Promenthouse. Diesem Verein sind die vorbildliche Markierung der 17 Wanderkilometer und der einwandfreie Zustand der Strecke zu verdanken. Falls Sie mehr über die grossartige Arbeit des Vereins sowie über diese historische Stätte wissen möchten oder vielleicht sogar Interesse haben, die Villa rose zu mieten, finden Sie alle Infos auf www.toblerones.ch.
Oberstes Bild: Panzersperre, Begnins VD, Schweiz (© Paebi, Wikimedia, CC)