Die dunkle Seite des Mittelalters – Lebendige Geschichte in Martigny: die Festung La Bâtiaz

Das Mittelalter wird heute oft etwas verklärt gesehen. Mittelaltermärkte ziehen immer mehr Besucher an, das bunte Treiben von Gauklern, Musikern und Handwerkern und deren aufwendige Kostüme faszinieren.

Heilkünste der alten Zeit werden wieder entdeckt. Und welches kleine Mädchen träumt nicht davon, als Burgfräulein in einer der alten Burgen zu leben. Jedoch hatte das Mittelalter auch eine ganz andere Seite, eine grausame, die heute in Europa nur schwer vorstellbar ist. Da es zu den Aufgaben der Denkmalpflege gehört, dafür zu sorgen, dass unsere Geschichte mit all ihren Facetten nicht vergessen geht, gehören auch Waffen und Folterwerkzeuge in manchen Schlössern und Burgen zu den Ausstellungsobjekten.

Die dunkle Atmosphäre tiefsten Mittelalters nachempfinden kann, wer die Festung La Bâtiaz bei Martigny besucht. Fast jeder von uns hat als Kind eine Steinschleuder gebastelt oder ein gut funktionierendes Katapult und damit hoffentlich nur auf unbewegliche Objekte gezielt. Das waren Miniaturen von gewaltigen Waffen, mit denen etwa vom 12. bis zum frühen 16. Jahrhundert Kriege ausgetragen wurden. Die Wurf- und Schleudermaschinen im Mittelalter waren extrem gefährlich und konnten mit wenigen Schüssen dickste Mauern zerstören. Damals kamen diese Waffen bei Belagerungen von Burgen zum Einsatz.


Die Festung La Bâtiaz im Winter (Bild: Bâtiaz, Wikimedia, CC)


Auf der Festung La Bâtiaz können einige besichtigt werden. Die gefürchtetste Steinschleuder war die 16.5 Meter hohe Le Trébouchet, die 125 Kilogramm schwere Geschosse mehr als 200 Meter weit schiessen konnte. Um den Hebelarm der gigantischen Schleuder bedienen zu können, wurden 50 bis 100 Männer benötigt. Auch andere Kriegsgeräte aus dieser Zeit sind auf der Festung La Bâtiaz zu sehen. Zu diesen gehört eine riesige Kanone, welche 1.5 Tonnen wiegt, und Kugeln von bis zu 100 Kilogramm Gewicht abfeuern konnte. Neben dem ehemaligen Wohntrakt geht es im Innenhof noch gruseliger weiter: Begleitet von mittelalterlicher Harfenmusik erklärt über einen Lautsprecher eine Frauenstimme die hier ausgestellten Folterinstrumente.

Da braucht es starke Nerven, denn neben einem hängenden Käfig und Streckapparaten hat es auch einen Nagelstuhl … Ein Schild mit dem Hinweis, dass Besucher darauf nicht Platz nehmen dürfen, braucht es nicht. Ein solcher Stuhl lädt bestimmt nicht zum Absitzen ein. Das Gruseln hat aber noch kein Ende: Eine schmale Wendeltreppe führt hinauf in den Hauptturm, der nicht nur eine traumhafte Aussicht über das Rhoneknie bietet: Während des Aufstieges wird dem Besucher immer wieder bewusst gemacht, dass er sich gerade im tiefsten Mittelalter befindet … lassen Sie sich überraschen!



Die meisten der heute noch zugänglichen Schlösser und Burgruinen, von denen viele unter Denkmalschutz stehen, und die an romantischen Plätzen auf Hügeln und an Berghängen thronen, machen einen sehr friedlichen Eindruck. Wenn Sie von umkämpften und eroberten Burgen lesen, tönt das meistens relativ harmlos. Aber nur so lange, bis Sie einmal die Festung La Bâtiaz besuchten!

 

Oberstes Bild: Lebendiges Mittelalter auf der Festung La Bâtiaz bei Martigny (© Tilman2007, Wikimedia, CC)

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