Das Stammertal – eine kulturhistorische Fundgrube

Die Gemeinden Unterstammheim, Oberstammheim und Waltalingen bilden geografisch das Stammertal. Auch wirtschaftlich und kulturell sind die Gemeinden verbunden. Zudem zählen alle drei zu den schönsten Riegelbaudörfern der Schweiz. Auf einer Reise durchs Stammertal sollte unbedingt etwas Zeit eingeplant werden, um die wunderschönen Fachwerkhäuser in den gepflegten Dörfern zu bewundern.

Da aber noch weitere Sehenswürdigkeiten einen Besuch lohnen, ist auch eine Übernachtung empfehlenswert. Vielleicht im Gasthof zum Hirschen in Oberstammheim? ICOMOS wählte den Hirschen 2014 zum Historischen Hotel des Jahres. Im Bericht der Jury schreibt ICOMOS: “Ausgezeichnet «für die sensible und kontinuierliche Pflege des historischen Gasthauses. Es handelt sich um ein authentisch tradiertes Haus in einem erstaunlich intakten Ensemble, mit starker lokaler Verwurzelung.»„

Der Gasthof Hirschen besteht aus einem dreigeschossigen Fachwerkgebäude mit schönem Erker, einem Trottgebäude, Nebengebäuden, einem ehemaligen, angebauten Saalgebäude sowie zwei Scheunen. Erbaut wurde der Hirschen 1684 und diente zuerst als herrschaftlicher Landsitz mit angegliedertem Gutshof für Johannes Wehrli und seine Ehefrau, die Tochter des Bürgermeisters. Bis 1786 blieb die Liegenschaft in Familienbesitz, bevor sie an den Gastwirt Johann M. Schenk verkauft wurde. Im Jahre 1941 erwarben Nachkommen Wehrlis den Hirschen und bis heute ist das Hotel im Besitz der Familie Wehrli-Schindler. Diese haben durch eine umfassende, sanfte Restauration dafür gesorgt, dass die historische Bausubstanz zusammen mit den Inneneinrichtungen die Geschichte des Hauses noch heute erlebbar macht.


Gasthaus Hirschen in Oberstammheim (Bild: Dietrich Michael Weidmann, Wikimedia, GNU)


Der Hirschen ist von grosser kulturhistorischer Bedeutung. Es wurde 1978 unter Denkmalschutz gestellt und 1979 als Schutzobjekt von kantonaler Bedeutung eingestuft. Wer hier nächtigt, bucht nicht einfach ein Zimmer mit Frühstück, er taucht ein in die Geschichte. Die prachtvolle Einrichtung besteht nicht nur aus ein paar Dekorationen, sondern umfasst das gesamte Haus. Bemalte Türen, sechs als historisch wertvoll eingestufte und noch voll funktionstüchtige Kachelöfen und die Einrichtung muss, wer sich für Kulturgeschichte interessiert, einfach erlebt haben.

Auch wenn man das Gasthaus zum Hirschen gar nicht mehr verlassen möchte: Die Gemeinden des Stammertales bieten noch so manch traumhaftes Bauwerk mehr. Da wäre zum Beispiel das Unterstammheimer Girsbergerhaus aus dem Jahre 1420. Hierbei handelt es sich um das älteste Fachwerkhaus, welches im Stammertal erhalten blieb. In Guntalingen ist man stolz auf seine Dorfstrasse: Sie zählt zu den schönsten des gesamten Weinlandes. Die wundervollen Fachwerkbauten sind eine Augenweite. Die Denkmalpflege muss sich nicht darum kümmern, dass diese Gebäude erhalten bleiben: Diese werden von den Besitzern liebevoll gepflegt.

Ebenso sehenswert ist das Gemeindehaus in Unterstammheim. Dies ist nicht etwa ein Gebäude, welches erst in der jüngsten Zeit als Sitz der Gemeindeverwaltung genutzt wird. Es diente seit seinem Bau 1530 als solches und liegt direkt neben dem schönen, gepflegten Dorfzentrum. Die Unterstammheimer sind stolz darauf, dass ihre Gemeindestube zu den schönsten der ganzen Schweiz gehört. Sie ist mit 27 Wappen, die aus den Jahren zwischen 1531 bis 1680 stammen, verziert. Diese wurden einst von Landvögten, Nachbargemeinden, Rittern, dem Rat der Stadt Zürich, Pfarrherren sowie Bauerngesellschaften gestiftet. Neben dem Eingang fällt ein prunkvoller Turmofen auf. Er wurde von Abraham Pfau aus Winterthur erstellt.


Gemeindehaus in Unterstammheim (Bild: Dietrich Michael Weidmann, Wikimedia, GNU)


Ausser den herrlichen Fachwerkhäusern gibt es im Stammertal einige sehenswerte Kirchen. Besonders die an atemberaubender Aussichtslage gelegene Galluskapelle in Oberstammheim sollte während eines Aufenthaltes in der Region besichtigt werden. Sie war die erste Pfarrkirche im Tal und stammt aus dem 9. Jahrhundert. In ihrem Inneren sind heute noch wertvolle, gut erhaltene Fresken aus dem 14. Jahrhundert zu sehen. Diese zeigen Szenen vom Leben und Sterben Jesu. Aufgrund des Bevölkerungswachstums baute man zu Beginn des 14. Jahrhunderts eine neue und grössere Kirche in Unterstammheim. Doch auch diese reichte bald nicht mehr aus. Deshalb genehmigte der Abt des Klosters St. Gallen am Vorabend der Reformation einen weiteren Kirchenbau: So entstand 1517 ein für die Zeit und Region typischer spätgotischer Neubau.

In den darauf folgenden Jahren kam es zu Beschädigungen, Veränderungen, Umbauten. Vor allem nach der Reformation wurde die Marienkirche Unterstammheims mehrfach verändert. Heute wäre das nicht mehr denkbar, dafür sorgt unter anderem die Denkmalpflege. So wurde im Jahre 2002 die übermalte mittelalterliche Gewölbebemalung teilweise wieder freigelegt und restauriert. Die Renaissancekanzel von 1611 sowie der Taufstein aus dem Jahre 1642 stehen heute natürlich unter Schutz. 1975 erhielt die Kirche eine neue Orgel.


Die Galluskapelle in Oberstammheim (Bild: Dietrich Michael Weidmann, Wikimedia, GNU)


Sehenswert ist auch der mächtige Kirchturm, der eine Höhe von 36 Metern aufweist. Seine Mauern sind mehr als 1.5 Meter dick. Ausserdem verfügt er über das zweitgrösste Zifferblatt der Schweiz. 6 Meter misst sein Durchmesser und wird nur noch durch jenes der St. Peterskirche in Zürich übertroffen.

Zwei weitere Baudenkmäler in der Region des Stammertales sollen hier Erwähnung finden: Da wäre zum einen das Schloss Girsberg und zum anderen das als Kulturgut geschützte Schloss Schwandegg. Aus dem 13. Jahrhundert stammt das auf einem Hügel im Nordwesten des Stammertales stehende Schloss Girsberg. Eine Besichtigung ist leider nicht möglich, da sich dieses in Privatbesitz befindet. Das Schloss Schwandegg ist wahrscheinlich noch älter. Seit 1974 ist der Kanton Zürich der Besitzer und er ermöglicht es jedermann, das Schloss zu besuchen: Er richtete darin ein Restaurant ein. Ab 2015 sind sogar Übernachtungsmöglichkeiten geplant.

 

Oberstes Bild: Oberstammheim im Kanton Zürich (© Dietrich Michael Weidmann, Wikimedia, GNU)

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