St. Peterskirche in Zürich – die Kirche mit dem grössten Ziffernblatt Europas
VON belmedia Redaktion Allgemein Denkmalpflege
Die Bauwerke in den umliegenden Gassen sind bestens erhalten und lassen erahnen, welchen Einsatz Heimatschutz und Denkmalpflege leisten, um diese historischen Kulturgüter zu pflegen und zu bewahren. St. Peter gehört zu den drei Zürcher Altstadtkirchen, welche die Silhouette der Stadt prägen. Unweit der Kirche befindet sich der bekannte Lindenhof, ein ehemaliges Römerkastell.
Laut Urkunde befanden sich bereits früher Kirchen an dem Ort, an welchem 1706 die heutige St. Peterskirche eingeweiht wurde: Archäologisch nachgewiesen und im Jahre 857 urkundlich erwähnt, stand im 9. Jahrhundert eine Kirche an dieser Stelle, welche nur 7x 10 Meter mass. Sie soll ein Geschenk König Ludwig des Deutschen an seine Töchter Berta und Hildegard gewesen sein. Die beiden waren die ersten Äbtissinnen im Fraumünster. Etwa im Jahre 1000 riss man die kleine Kirche ab und erbaute eine frühromanische Kirche, welcher 1230 eine spätromanische folgte.
Turm und Chor aus jener Zeit sind erhalten geblieben. 1360 fand der erste Bürgermeister Zürichs, Rudolf Brun, im Chor seine letzte Ruhestätte. Eine Kopie der Grabplatte dient heute als Gedenktafel, sie kann vor dem Aufgang zum Turm besichtigt werden. Im Jahre 1705 begann der Abbruch der alten Kirche und schon 1706 fand die Einweihung des barocken Kirchenschiffes statt. Wie aus Urkunden der Kirchengemeinde hervorgeht, wurde das Richtfest gross gefeiert: 165 Liter Wein sollen geflossen sein, und über 150 Pfund Fleisch wurden aufgetischt. Das unterstreicht die Bedeutung dieses Kirchenbaus für Zürich. Nach nur 17 Monaten Bauzeit feierte man im November 1706 den Einweihungsgottesdienst der mehr als 3 Stunden gedauert haben soll.
Für die Gestaltung des Innenraumes mit Stuckaturen waren der Zürcher Salomon Bürkli und Franz Schmuzer aus Bayern zuständig. Der Taufstein aus dem Jahre 1598 ist noch erhalten und kann ebenso besichtigt werden, wie mit reichen Schnitzereien versehene Chorstühle aus dem 15. Jahrhundert. Während der Kanzellettner noch im Original von 1705 erhalten ist, wurde der Kristall-Lüster 1971 jenem von 1710 originalgetreu nachempfunden. 1970 begann eine umfangreiche Restauration, die innert 5 Jahren abgeschlossen wurde und auch die ursprüngliche Fassadenmalerei wieder herstellte.
Während die Predigerkirche, das Grossmünster und das Fraumünster bis zur Reformation einem Kloster angehörten, war die Peterskirche im Mittelalter Zürichs einzige Pfarrkirche und somit Zentrum der Grosspfarrei. Aussergewöhnlich ist, dass sich der Turm der St. Peterskirche bis heute im Besitz der Stadt Zürich befindet, während Kirchenschiff, Treppenhaus zum Turmeingang, Estrich sowie die Glocken der Kirchgemeinde St. Peter gehören.
Der Turm ist nicht öffentlich. Eine Turmführung kann von Gruppen jedoch nach Voranmeldung gebucht werden und ist ein unvergessliches Erlebnis. Mit jeder Stufe der knarrenden Holztreppe bewegt sich der Besucher zurück ins Mittelalter. Im ersten Geschoss ist das romanische Kreuzrippengewölbe aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts im Original vorhanden. Der Turm wurde 1450 erhöht und sein Turmhelm im Jahre 1996 mit 42‘000 Lärchenholz-Schindeln aus Graubünden neu gedeckt.
Im 3. Geschoss befindet sich das faszinierende Uhrwerk. Es gehört zur Turmuhr mit Europas grösstem Turmziffernblatt: sein Durchmesser beträgt 8,64 Meter. Die Ziffern sind beinahe einen Meter gross. Der Stundenzeiger wiegt bei einer Länge von 5 Metern 74 Kilogramm, der Minutenzeiger misst 5,5 Meter und bringt 94 Kilogramm auf die Waage. Während einer Renovation Ende des 20. Jahrhunderts mussten die echt vergoldeten Ziffern und Zeiger von Wachposten bewacht werden. Natürlich hat die Turmuhr der St. Peterskirche auch eine Geschichte: 1366 wurde die erste Uhr mit einem Stundenzeiger am Turm angebracht. Sie zeigte die vollen Stunden und die Zürcher Lokalzeit an. Sämtliche Uhren der Stadt richteten sich nach der Zeit, die an der St. Peterskirche angezeigt wurde.
Ab 1460 wurde der Glockenschlag auf Halb- und Viertelstunden erweitert. Ein Uhrenrichter zog bis 1826 die Uhr mehrmals täglich mithilfe eines Flaschenzuges auf. 1844 bekam sie ein neues Uhrwerk. welches der Zürcher Uhrmacher Johann Rudolf French einbaute. 1873 erfolgte die Elektrifizierung. Bis 1972 befand sich die Unruh im Haus zum Rüden und wurde erst dann ersetzt: In die Uhrenstube des Turms kam eine vollautomatische Hauptuhr. Letztendlich ging auch an der Turmuhr der St. Peterskirche das Computerzeitalter nicht vorbei. Seit 1996 werden die vier Zeigerpaare mittels zentraler Computeranlage direkt gesteuert.
Übrigens beruht die Tradition, den Zürcher Böög dann anzuzünden, wenn die Turmuhr der St. Peterskirche 18 Uhr zeigt, darauf, dass diese Uhr über Jahrhunderte die einzige öffentliche Uhr in Zürich war.
Zuoberst im Turm ist die Wachtstube der mittelalterlichen Feuerwächter voll eingerichtet erhalten. Der erste Hochwächter lebte hier bereits 1340. Die Sicht über die Dächer der Stadt aus 42 Metern Höhe, ermöglichte es, sofort eine Warnung an die Bevölkerung zu geben, sobald sich irgendwo ein Feuer entzündete oder andere Gefahren drohten. Der letzte Zürcher Feuerwächter war Hermann Heinrich Esslinger, der bis 1911 im Turm der St. Peterskirche lebte.
Oberstes Bild: Die St. Peterskirche war die erste reformierte Kirche Zürichs. (© Dietrich Michael Weidmann, Wikimedia, CC)