Das Pfahlbaubrot – archäologischer Irrtum mit Erfolg

Dass nicht jede Geschäftsidee hält, was sie zu Beginn verspricht, ist kein Geheimnis. Wie konsequent sich ein Konzept trotz offenkundigen Irrtums dennoch behaupten kann, beweist die jüngste Enthüllung um das sogenannte „Pfahlbaubrot“ aus Zug.

Die Sensation schien perfekt: Im Sommer des Jahres 1997 stiessen Archäologen beim Bergen prähistorischer Funde auf etwas, das sie für ein – im wahrsten Sinne des Wortes – altbackenes Brötchen hielten. Es stammte aus einer erst kurz zuvor entdeckten Pfahlbau-Siedlung am Zugersee und liess Experten vermuten, dass deren Bewohner sich auf das Zubereiten von Backwaren verstanden. Diese Annahme bestärkte sie darin, das Fundstück im „Museum für Urgeschichte(n)“ auszustellen und als „ältestes Brot aus dem Kanton Zug“ zu kennzeichnen.


Oberstes Bild: Zug – Archiv des Amtes für Denkmalpflege und Archäologie, Archiv für Bauernhausforschung, Museum für Urgeschichte. (Bild: Stefan Schuler, Wikimedia, CC)


Nachdem die prähistorischen Pfahlbauten 2011 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt worden waren, beschloss das zuständige „Amt für Denkmalpflege und Archäologie“ die Aufnahme in die renommierte Liste durch eine besondere Aktion zu würdigen. In Zusammenarbeit mit dem „Bäcker- und Confiseurmeister-Verein Zug“ entwarf es den Plan, ein spezielles „Pfahlbaubrot“ zu kreieren, zu backen und zu verkaufen.

Ausgehend von der Tatsache, dass Dinkel und Haselnüsse bei den Bewohnern der Pfahlbauten bekannt und beliebt waren, verarbeiteten die Zuger Bäcker jene Zutaten zu einem Brot, das sich als wahrer Verkaufsschlager entpuppte. Wie die Leiterin des Museums bekannt gab, war es „dem modernen Geschmacksempfinden angepasst“ worden und wurde daher wohl als besonders appetitlich empfunden.



Hätten die Zuger es dabei belassen, wäre alles gut geblieben. Im März 2014 aber widmeten sie ihrer Kreation eine Sonderausstellung unter dem Titel und dem Motto „Einfach tun – Archäologie vom Experiment zum Erlebnis“. Dabei kam auch dem alten Brot neue Aufmerksamkeit zu. Experten wollten ganz genau wissen, woraus es sich zusammensetzt, und gaben eine Untersuchung an der Universität Wien in Auftrag. Durch jene sollte bewiesen werden, wie nah die moderne Rezeptur dem prähistorischen Vorbild kommt.

Doch die Analyse erbrachte das wortwörtliche Gegenteil des erhofften Ergebnisses. Gebäckspezialist Andreas Heiss entdeckte unter dem Mikroskop weder eine typische Teigstruktur noch Bestandteile üblicher Zutaten. Stattdessen fand er zusammenklebende Fragmente von Pflanzen, die nur einen Schluss zuliessen: Bei dem vermeintlichen Brötchen handelt es sich um Kot!

Obwohl diese Erkenntnis aus Sicht des Museums einer kleinen Katastrophe gleichkommt, tut es dem Erfolg der Zuger Bäcker keinen Abbruch. Ihre moderne Kreation verkauft sich weiterhin wie geschnitten … Brot.

Text: Christiane Dietering

 

Oberstes Bild: Der Zuger Fund (links) neben einem modernen Brötchen. (© Museum für Urgeschichte(n) Zug, Res Eichenberger)

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