Landenberghaus in Greifensee wird neu gebaut

Der Architektur-Wettbewerb für das Landenberghaus in Greifensee ist abgeschlossen, die Jury hat einen Sieger gekürt: Das Schweizer Team Horisberger Wagen Architekten GmbH und die Stehrenberger Architektur GmbH aus Zürich werden die Verantwortung für das Projekt übernehmen.

Der offene Wettbewerb hatte zahlreiche Interessenten auf den Plan gerufen. Laut Angaben der Verwaltung Greifensee wurden die Ausschreibungsunterlagen etwa 150 Mal bestellt. Am Ende gingen 87 Vorschläge und Entwürfe zur Begutachtung ein, die den Ansprüchen der Gemeinde sowie den Behörden der Denkmalpflege gerecht wurden. Die Präsentation konnte übrigens aus Platzgründen nicht in Greifensee stattfinden und wurde deshalb an die Gewerbestrasse in Nänikon verlegt.

Das Städtli Greifensee – am gleichnamigen Gewässer gelegen – ist eine Gemeinde mit rund 5.000 Einwohnern, nur wenige Kilometer in östlicher Richtung von Zürich entfernt. Im Jahr 2011 hatte der Rat des Städtlis 41.000 Franken für eine Studie bereitgestellt, um mögliche Massnahmen für eine Sanierung des Landenberghauses auszuloten, denn der Gemeindesaal entsprach nach 40 Jahren nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemässe Elektrik, ausreichende Lüftung und Sicherheit für die Besucher. Auf Basis der Studie sollte dann im Anschluss ein Projektwettbewerb ausgeschrieben werden.

Involvierte Behörden wie die Denkmalpflege, ortsansässige Vereine und andere Interessengruppen wurden von Beginn an miteinbezogen. Nach Fertigstellung der Studie war eine unmittelbare und verbindliche Terminierung für die Planung und die Bauzeit vorgesehen. Mit der Siegerkür im Architekturwettbewerb ist dieser Prozess nun erfolgreich abgeschlossen worden.

Worum geht es?

Den besten Gesamteindruck über das Ensemble um das Landenberghaus gewinnt man vom alten Schloss und vom Greifensee her: ein weltliches Bauwerk der Romanik, wie es im Kanton Zürich nur selten anzutreffen ist. Erbaut wurde das ursprüngliche Landenberghaus wahrscheinlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Darauf deuten verschiedene Merkmale hin wie die Ausführung des Mauerwerks im Ährenverband oder die doppelten Rundbogenfenster mit ihren Halbsäulen und Würfelkapitellen. Die ursprüngliche Funktion des Gebäudes ist nicht völlig geklärt. Eventuell diente es den Herrschaften des Schlosses als Palas bzw. Wohn- und Saalbau. Ab dem 16. Jahrhundert ist aber seine Verwendung als Schlossscheune belegt. Die Erweiterung des angrenzenden Pfarrhauses führte später zu einer Aufstockung und der Anlage eines zeittypischen Treppengiebels. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts nutzte der damalige Landvogt Salomon Landolt das Landenberghaus als Scheune. Danach war es über lange Zeiträume geschlossen, bis es in den 1970er Jahren durch den Architekten P. Germann zum Gemeindezentrum umgebaut wurde.


Schloss und Landenberghaus in Greifensee (ZH). (Urheber: Roland zh / Wiki / Lizenz: CC)


Neubau statt Sanierung

Das Projekt ist insofern ungewöhnlich, weil es um einen (fast) kompletten Neubau im Zentrum des historischen Stadtkerns geht. Eine Sanierung des bestehenden Baus kam für den Gemeinderat nach reiflichen Überlegungen nicht mehr in Frage. Gestalterisch war er ein Fremdkörper inmitten der übrigen historischen Gebäude, technisch und vom Raumangebot her schon längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Lediglich die beiden seitlichen, historischen Mauern sollen erhalten werden. Die zuständigen Behörden der Denkmalpflege waren von Beginn an eingebunden, denn von dem Vorhaben ist auch ein Teil der aus dem Mittelalter stammenden Stadtmauer betroffen.

Die Errichtung des neuen Kulturzentrums wurde somit zum wichtigsten Abschnitt der Sanierungsmassnahmen am Landenberghaus. Einerseits sollte der vorhandene Raum so gut wie möglich genutzt, andererseits mussten die strengen Brandschutzauflagen erfüllt werden. Das bisherige Gebäude erfüllte weder die Anforderungen an moderne Technik, noch war es für Versammlungen gross genug. Eine erste Überlegung sah deshalb vor, das Foyer in das direkt angrenzende Pfarrhaus zu verlegen.

So ganz ohne Reibungen verlief der Prozess allerdings nicht. Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) gab die Empfehlung an die Gemeindeversammlung, das Projekt abzulehnen. Dass das Landenberghaus saniert werden müsste, war den Mitgliedern der RPK bewusst, allerdings wehrten sie sich gegen die damals geschätzten Kosten in Höhe von sieben Millionen Franken und forderten eine kostengünstigere Alternative. Letztendlich setzte sich Greifensees Gemeindepräsident Beat Brand aber mit seinen Vorstellungen durch.

Der Startschuss ist gefallen

Für das gesellschaftliche Leben im Städtli Greifensee ist das Landenberghaus unverzichtbar. Am Ende der ersten Planungen fasste der Gemeinderat deshalb den Beschluss für einen kompletten Neubau. An dem alten Gebäude herumzumodellieren kam nicht in Frage. Das Kulturzentrum ist schon seit längerer Zeit immer wieder Schauplatz für erstklassige Konzerte und andere Veranstaltungen. Dem entsprechend sind auch die Anforderungen an das Gebäude gestiegen. Aus all diesen Gründen entschloss sich der Gemeinderat, die abschliessende Summe von rund acht Millionen Franken zu investieren und auch das angrenzende Pfarrhaus in die Planung mit einzubeziehen.

Der Entwurf des siegreichen Teams sieht eine Erweiterung des Saals von 230 auf 350 Plätze vor. Dafür muss eine der beiden mittelalterlichen Seitenwände erhöht werden, eine Massnahme, der die Behörden der Denkmalpflege und auch der kantonale Ortsbildschutz bereits zugestimmt haben. Die Wettbewerbs-Jury zeigte sich begeistert und war vor allem davon beeindruckt, dass das Team aus Architekten, Ingenieuren, Statikern, Akustik- und Beleuchtungsfachleuten hervorragend an einem Strang gezogen habe. Damit steht der Verwirklichung des gelungenen Entwurfs von Horisberger, Wagen und Stehrenberger für das neue Landenberghaus, das nach einem alten Adelsgeschlecht aus Zürich benannt ist, nichts mehr im Wege, auch nicht von Seiten der Schweizer Denkmalpflege.

 

Oberstes Bild: Landenberghaus, Greifensee. (Urheber: Roland zh / Wiki / Lizenz: CC)

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hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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