Historisches Lichtensteig und Burg Neu-Toggenburg

Schmalzhaus Lichtensteig

Eine Urkunde aus dem Jahre 1228 bescheinigt, dass der befestigte Ort Liehtvnsteige im Besitz der Grafen von Toggenburg war. Diese lebten auf der Burg Neu-Toggenburg.

Das damalige Liehtvnsteige ist das heutige Lichtensteig, bekannt wegen seiner gepflegten historischen Altstadt.

Burg Alt-Toggenburg und Burg Neu-Toggenburg

Wie bereits erwähnt, war Lichtensteig einst ein befestigter Ort der Grafen von Toggenburg. Der Grafschaft Toggenburg verdankt die St. Galler Region Toggenburg ihren Namen. Das Ostschweizer Adelsgeschlecht gehörte zum reichsunmittelbaren Hochadel. Das heisst, es war im späten Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit des Heiligen Römischen Reichs keiner Herrschaft unterstellt und galt als unmittelbar Untergebene des Kaisers. Die Toggenburger wählten ursprünglich die Burg Alt-Toggenburg als Wohnsitz. Die Ruine der Höhenburg liegt auf dem Gemeindegebiet von Kirchberg SG. Heute befindet sich hier die Wallfahrtsstätte St. Iddaburg, die zu Ehren der Heiligen Idda von Toggenburg errichtet wurde.

In der St. Galler Gemeinde Oberhelfenschwil befinden sich die wenigen Reste der Burgruine Neu-Toggenburg. Die Burganlage war gegen Ende des 12. Jahrhunderts erbaut wurden und war bis wahrscheinlich 1436 bewohnt. Erst 500 Jahre später, nämlich 1936, hat man die wenigen Teile der Mauern, die erhalten blieben, vom Gebüsch befreit und konserviert.

Bei Neu-Toggenburg handelte es sich ursprünglich nur eine kleine Anlage, die lediglich aus einem massiven Wohnturm bestand. Sie musste jedoch nach 1226 grosszügig erweitert werden: Wegen der Ermordung von Graf Friedrich I. von Toggenburg war die Familie gezwungen, die Burg Alt-Toggenburg zu verlassen. Neu-Toggenburg war nun der neue Familiensitz. Abgelegen, schwer erreichbar und durch dicke Ringmauern geschützt, lebten die Toggenburger hier über 200 Jahre. Da die neue Burg keine strategische Bedeutung hatte, sind kaum Urkunden oder andere Schriftstücke, die über ihre Nutzung Auskunft geben könnten, vorhanden. Bekannt ist, dass die Anlage nach der umfassenden Erweiterung auch über einen Palas, einen repräsentativen Saalbau, verfügte.

Im Jahre 1436 musste die Burganlage aufgegeben werden, da mit Friedrich VII. der letzte männliche Toggenburger verstarb. Die neuen Besitzer waren die Freiherren von Raron. Gemeinsam mit Abt Ulrich Rösch von der Fürstabtei St. Gallen erwarb Petermann von Raron 1468 das Toggenburg. Allerdings hatten die Äbte für die Burg keinen Verwendungszweck und überliessen diese ihrem Schicksal. Die Einwohner von Wasserfluh nutzten die alten Gemäuer im 19. Jahrhundert als Steinbruch.

Während der Konservierungsarbeiten Mitte der 1930er Jahre wurden bei Ausgrabungen verschiedene Funde gemacht, die heute in Lichtensteig im Toggenburger Museum ausgestellt werden.


Toggenburger Museum Lichtensteig
Beherbergt Historisches aus fast 800 Jahren: das Toggenburger Museum in Lichtensteig (Bild: Sabine Itting)

Die fast 800-jährige Geschichte von Lichtensteig

Über die Zeit unmittelbar nach der urkundlichen Erwähnung 1228 gibt es kaum Informationen. Ein erster Bürgermeister, oder, wie dieser damals genannt wurde: Schultheiss, wurde 1310 erwähnt. Im Jahre 1410 bedeutete ein Freiheitsbrief, ausgestellt von Graf Donat, den Zugang zu Stadtrechten für das damals gerade mal 400 Einwohner zählende Lichtensteig. Diese umfassten Marktrechte, ein Gericht, eine eigene Verwaltung, das Münzrecht und weitere Privilegien. 1411 veranlasste Graf Friedrich VII. in Lichtensteig die Herstellung der Toggenburger-Bibel, wie die berühmte Weltchronik damals hiess.

Die erste Lichtensteiger Kirche wurde von 1531 bis 1967 sowohl von Protestanten als auch von Katholiken genutzt. Erst vor rund 50 Jahren erhielten die beiden Konfessionen getrennte Gotteshäuser.

Jost Bürgi, einer der bedeutendsten Astronomen, Mathematiker sowie Instrumentenbauer jener Zeit wurde 1552 in Lichtensteig geboren. Er verstarb 1632 im deutschen Kassel. Ein Lichtensteiger, Karl Müller-Friedberg, wurde 1798 im neu gegründeten Kanton St. Gallen erster Regierungspräsident. 1803 erklärte man Lichtensteig im neuen Kanton zum Bezirkshauptort.

Im 19. Jahrhundert erlebte Lichtensteig einen Aufschwung: Dort, wo einst die alte Stadtmühle ihren Platz hatte, entstand 1816 mit einer Spinnfabrik der erste Industriebetrieb. Zwölf Jahre später mussten Ober- und Untertor zugunsten neu angelegter Strassen weichen. 1863 wurde in Lichtensteig die Toggenburger Bank gegründet, welche 1912 mit der Bank in Winterthur fusionierte. Durch den Zusammenschluss entstand die Rechtsvorgängerin der heute weltweit bekannten UBS AG. Durch den Bau der Bodensee-Toggenburg-Bahn 1910 wurde Lichtensteig zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt.

Bereits im Jahre 1896 öffnete das Toggenburger Museum, in welchem bis heute zahlreiche historische Erinnerungen der Bevölkerung zugänglich sind, seine Türen.

Heute zählt Lichtensteig rund 1900 Einwohner und gehört zum Verein „Die schönsten Schweizer Dörfer“, der seit 2017 dem internationalen Verband „Die schönsten Dörfer der Welt“ angehört.

Zahlreiche Kulturgüter in Lichtensteig

Die historische Altstadt Lichtensteigs ist reich an schützenswerten Kulturgütern. 1975 zeichnete der Europarat die Altstadt, in welcher seit dem 13. Jahrhundert Geschäftsgebäude und Wohnhäuser harmonisch zu dem heute bekannten Stadtbild zusammenwuchsen, für vorbildliche Ortsbildpflege aus.

Vor 20 Jahren wurden die wichtigsten Gebäude des Ortes mit Informationstafeln versehen. Historische Plätze und Gassen bekamen ihre ursprünglichen Bezeichnungen. Wer sich für historische Architektur und Denkmalpflege in Lichtensteig interessiert, hat viele Möglichkeiten, in die Geschichte des Städtchens einzutauchen: Einerseits werden organisierte Städtliführungen angeboten, anderseits können die wichtigsten Sehenswürdigkeiten mit einem vom Verkehrsbüro kostenlos abgegebenen Ortsplan auch auf eigene Faust besucht werden. Interessierte können sich vertieft mit der Geschichte und Architektur Lichtensteigs befassen: Sie finden ausführliche Informationen in einem von Kantonshistoriker Dr. Daniel Studer verfassten Kunstführer.


Altstadt von Lichtensteig
Lichtensteig hat eine der schönsten Altstädte der Schweiz (Bild: Sabine Itting)

Zu den interessantesten Bauwerken Lichtensteigs gehören:

Das Gasthaus Löwen – wahrscheinlich im 16./17. Jahrhundert erbaut. Letzte Renovierungen 1983/1992

Haus Löwengasse 16 – Laut Portaldatierung 1583 erbaut. Um 1800 befand sich in diesem Haus ein gut laufender Eisenhandel. Bis 1983 führte eine Familie im Haus Löwengasse 16 ein Goldschmiedegeschäft. Letzte umfassende Restaurierung 1996 – 1998

Haus zur Glocke – erbaut 1641, war es 200 Jahre im Besitz einer Familie Steger. Hier erblickte 1801 der erste Toggenburger Nationalrat, Johann Jakob Steger, das Licht der Welt. Letzte Restaurierung 1971.

Geschäftsgebäude Hauptgasse 3 bis 11 – erbaut im 17. Jahrhundert. Durch einen Grossbrand entstand 1984 Totalschaden. Aufgrund 1972 erstellter photogrammetrischer Aufnahmen konnte das Gebäude 1985 originalgetreu rekonstruiert werden. Es steht heute unter Bundesschutz.

Das Schmalzhaus – erbaut im 17. Jahrhundert war von 1719 bis 1807 eine Katholische Schule. Das Gebäude wurde 1982 komplett restauriert und beherbergt heute eine Handpressdruckerei mit antiken Geräten.

Haus zur „Ilge“ – erbaut im 16. Jahrhundert und von 1724 bis 1892 als Gasthaus genutzt. Das unter Bundesschutz gestellte Haus wurde 1978 restauriert. Dabei konnte das ursprüngliche Fachwerk freigelegt werden.


Beschriftung an Hausfassade Lichtensteig
Historisches Strassenschild in Lichtensteig (Bild: Sabine Itting)

Weitere geschützte Kulturgüter in Lichtensteig sind unter anderem die Spinnerei Stadtbrücke, die Katholische Kirche St. Gallus, das Bezirksgebäude, das Toggenburger Museum, das Rathaus, die Loretokapelle.

Stadtverwaltung Lichtensteig
Hauptgasse 8
Postfach 41
9620 Lichtensteig

058 228 23 99

info@lichtensteig.sg.ch

Sehenswürdigkeiten

 

Titelbild: Sabine Itting

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