Die Holzklangsäule Sagogn
VON Christine Praetorius Bauwerke
„Tschep da tun“ – das ist der rätoromanische Namen einer hölzernen Klangsäule, die die Jungmannschaft Sagogn im Herbst 2015 erstmals im Ort und der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Gebaut wurde das Kunstwerk aus dem Holz eines alten Baumes, Anlass war die erste urkundliche Erwähnung von Sagogn vor 1250 Jahren.
Die mobile Säule, die an verschiedenen Stellen in Sagogn platziert werden kann, spielt Musik, ehrt einen Schriftsteller und präsentiert historische Hausmarken. Darüber, ob sie tatsächlich von geschichtlicher Bedeutung ist, bestehen derzeit jedoch weder Klarheit noch Einigkeit.
Eine alte Fichte im neuen Design erzählt von einer alten Gemeinde
Das Holz für die Klangsäule stammt von einer alten Fichte aus dem Flimserwald, der zum Gemeindegebiet von Sagogn im Kanton Graubünden gehört. Der Baum, der im Oktober 2015 gefällt werden musste, hatte eine stattliche Grösse, war jedoch vermutlich jünger als die Gemeinde selbst, denn Sagogn gibt es schon seit 1250 Jahren. Bischof Tello aus Chur, dem der Ort seine erste urkundliche Erwähnung verdankt, lebte hier auch: Er wohnte bis zu seinem Tod im Jahr 765 im ehemaligen Schloss Aspermont, das bis heute gut erhalten und eine der Sehenswürdigkeiten von Sagogn ist.
Laut den Schöpfern der Klangsäule steht das Holz für die vormals wichtigste Einnahmequelle der Gemeinde. Die zwölf historischen Hausmarken, die auf einer Seite des Klangkörpers zu sehen sind, repräsentieren die zwölf Familien, die schon vor 1800 das Sagogner Bürgerrecht besassen. Neben dem Gedenken an das Jubiläum ist eine weitere Intention des Kunstprojekts, diesen Hof- und Hausmarken ein Denkmal zu setzen. Obwohl sie untrennbar mit der Kultur und Geschichte Graubündens verbunden sind, verschwinden sie zunehmend von der Bildfläche und aus dem Denken der Menschen, vor allem der jüngeren.
Schon bei den Präsentationsfestlichkeiten stand die Holzklangsäule nicht auf der Bühne, sondern war allen Besuchern frei zugänglich. Geplant ist, sie als Kulturdenkmal an immer neuen interessanten Orten in der Gemeinde aufzustellen, so lange das alte Holz mitmacht: Länger als zwanzig Jahre wird die Säule leider kaum halten, da sie ständig der Witterung ausgesetzt ist. Besitzer bleibt die Jungmannschaft Sagogn, die damit Jugendlichen einen neuen Zugang zur traditionellen Bündner Handwerkskunst und Kultur ihrer Heimat vermitteln möchte. Zudem erinnert die Säule an den Schriftsteller Lothar Deplazes, der im Jahr 2015 gestorben ist.
Technik und Funktion der Holzklangsäule von Sagogn
Über Knöpfe lassen sich zwölf verschiedene Audiodateien aus vier Kategorien (Geschichte, Kultur, Musik, Poesie) anwählen und abspielen. Ortsunabhängige Energie bezieht die Installation aus einem Solarpanel, das am oberen Ende montiert ist. Für die Programmierung von Licht und Ton sowie die technische Umsetzung ist Thomas Sambeth verantwortlich.
Bei der Präsentation war auch das rätoromanische Fernsehen dabei und drehte einen Beitrag, der später von SRF ausgestrahlt wurde. Die örtliche Attraktion ist vielleicht schon auf dem Weg zur Überregionalität: Die Gemeinde Flims soll bereits angefragt haben, ob eine solche Säule auch für ihren Ort möglich wäre.
Die trotz aller historischen Hintergründe moderne Aufmachung des Projekts lässt natürlich Zweifel darüber zu, ob es sich bei der Sagogner Säule jemals um ein „richtiges“ Denkmal mit historischer Bedeutung handeln wird. Eins der Hauptargumente dagegen ist, dass ein gerade erst fertiggestelltes Kunstwerk keine geschichtliche Bedeutung haben könne, unabhängig von Alter und Symbolwert der verbauten Materialien.
Die Holzklangsäule von Sagogn erzählt zwar von Frühem, Vergangenem und Historischem, steht jedoch selbst noch ganz am Anfang ihrer Geschichte. Was sie noch sein und bewirken kann, bleibt abzuwarten – bis dahin gehören das Projekt, die Intentionen der Künstler und die Wahrnehmungen der Zielgruppe immerhin zur Gegenwart.
Quelle: de.encyclopaedia.wikia.com (interessant hier: die Löschdiskussion)
Artikelbild: © Adrian Michael – CC BY-SA 3.0
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