Das Dörfli Bauen am Urnersee – die Heimat von Pater Alberik Zwyssig
Das kleine Dorf Bauen mit seinen wunderschönen, gepflegten Häusern, am westlichen Ufer des türkisfarbenen Sees gelegen, zählt mit rund 230 Einwohner zu den kleinsten Gemeinden Uris. Es ist bekannt für sein mediterranes Klima. Wer zum ersten Mal nach Bauen kommt, wird überrascht sein, schliesslich weiss kaum jemand, dass hier tatsächlich Palmen, Feigen und Kiwis wachsen.
Bauen ist die Heimat von Pater Alberik Zwyssig, dem wir die Schweizer Nationalhymne verdanken. In seinem Geburtsthaus befindet sich heute ein fantastisches Restaurant. 2011 wurde das Restaurant Zwyssighaus mit 13 Gault Millau Punkten bewertet, trotzdem wird man auch mit Wanderschuhen und Rucksack herzlich willkommen geheissen und darf sich auch im Haus umsehen. Das habe ich natürlich noch so gerne getan! Das Zwyssighaus wird, neben anderen historischen Hotels und Restaurants, in der ICOMOS Liste aufgeführt. 2003 bekam das Haus eine besondere Auszeichnung „für die Rettung, Erhaltung und qualitätsvolle Führung des Geburtshauses von Pater Alberik Zwyssig, dem Komponisten des Schweizer Psalms“ (Quelle: myswitzerland.com)
Im vergangenen Jahr stand am europäischen Tag des Denkmals, der im September stattfand, die Ess- und Trinkkultur im Mittelpunkt. Das Zwyssighaus war eines von vier historischen Restaurants, welche sich im Kanton Uri an diesem Anlass beteiligte. Neben einem Kulturprogramm, an welchem Fachleute die historische Bedeutung des Gasthauses erläuterten, wurde originale Urner Küche serviert. Das Gebäude hat man gegen Ende des 18. Jahrhunderts oberhalb der Dorfkirche erbaut. Es war bereits bis zum Jahre 1855 ein Gasthaus und wurde dann anderweitig genutzt. Seit 1963 lädt es wieder zu Speis und Trank.
Alberik Zwyssig war der dritte Sohn der Familie und wurde am 17. November 1808 in Bauen geboren. Er verstarb einen Tag nach seinem 46. Geburtstag in Mehrerau. Neben vielen weiteren weltlichen und geistlichen Kompositionen komponierte er 1841 den Schweizerpsalm, welcher zwei Jahre später im „Festheft der Zürcher Zofinger“ veröffentlicht wurde. Mit dem Text von Leonhard Widmer wurde „Trittst du im Morgenrot daher“ 1961 zuerst provisorisch und 1981 endgültig zur Schweizer Nationalhymne. Vor der Kirche in Bauen steht als Denkmal eine Büste Zwyssigs. Dieses Werk hat Hugo Siegwart im Jahre 1901 geschaffen.
An der Kirche fallen zuerst zwei Inschriften auf: „Mein Haus ist ein Bethaus“ steht über dem Seitenportal, über dem Hauptportal ist der Spruch: „Bei deinem Eintritt lege die zeitlichen Geschäfte beyseite und beschäftige dich mit dem, was der Heiligkeit des Ortes angemessen ist“, zu lesen. Eine Jahreszahl verweist auf 1812. Zehn Jahre vorher, nämlich im März 1802, trennte sich die Kaplanei Bauen von Seedorf und wurde zur selbstständigen Pfarrei Bauen. Die Geschichte der Bauener Kirche reicht jedoch viel weiter zurück:
Bereits 1360 wurde eine erste Kapelle urkundlich erwähnt. Eine zweite, 1585 erbaute, Gnadenkapelle zerstörte 1635 der Bauerbach infolge eines Hochwassers. An der Stelle, wo die heutige Kirche steht, baute man eine neue und nahm schliesslich 1808 auf Beschluss der Dorfgemeinde den Bau von St. Idda in Angriff. Dieser dauerte bis 1812. Im Jahre 1818 wurde eine Orgel von Joseph Anton Carlen eingebaut. Ich habe gehört, dass man die Pfarrkirche St. Idda erst im Oktober 1821 feierlich einweihte, warum man damit mehrere Jahre gewartet hat, konnte ich jedoch nicht in Erfahrung bringen. Die Innenausstattung ist sehenswert: Von Josef Anton Mesmer stammen die wertvollen Deckenbilder. Johann Josef Moosbrugger schuf die Stuckaturen und Altäre. Ein grossartiges Altarblatt von 1706 ist das Werk von Johann Michael Feichtmayer: Es zeigt die heilige Idda in Begleitung eines Hirsches, der während eines nächtlichen Kirchganges Kerzen trägt.
1930 wurden 4 neue Glocken und eine Turmuhr eingeweiht und die gesamte Kirche 1985/1986 komplett renoviert. Aufgrund ihrer fantastischen Lage mit Blick über den Urnersee und ihrem klassizistisch-neubarockem Stil wird die Kirche in Bauen gerne für Hochzeiten gebucht.
Die gesamte Gemeinde Bauen ist im Bundesinventar als schützenswertes Ortsbild von nationaler Bedeutung verzeichnet. Das bedeutet, dass die Bewahrung des historischen Ortes oberste Priorität bei Heimat-, Denkmal- und Naturschutz hat. Die Geschichte des Dorfes ist lang und bewegt. Es wurde bereits 1150, damals noch als Bawen, erwähnt. Jahrhunderte war es beschwerlich, nach Bauen zu gelangen. Das änderte sich erstmals, als die Dampfschiffgesellschaft Bauen an ihr Netz anschloss. Von da an kamen die ersten Ausflügler und Feriengäste, um sich in dem milden Klima zu erholen.
Zwischen 1949 und 1956 schufteten Mineure und Hilfsarbeiter, insgesamt rund 30 Mann, um durch den Felsen die Fahrstrasse Seedorf-Isleten-Bauen zu realisieren. Diese Felsengalerie gilt heute auf dem „Weg der Schweiz“ besonders bei Kindern als ein Highlight. Übrigens: Die Handlanger verdienten damals CHF 1.60 pro Stunde, die Mineure CHF 2.20. Im Zusammenhang mit dem Seelisbergtunnel realisierte man schliesslich 1969 den heute noch für den Strassenverkehr genutzten Tunnel.
Als 1991 anlässlich der 750-Jahr-Feier der Schweiz der „Weg der Schweiz“ entstand, wurde Bauen ein „Etappenort“. Von hier geht es ganz eben auf abwechslungsreichem Weg dem See entlang und durch die Felsengalerie bis nach Seedorf und Flüelen. Rund um den Urnersee lassen sich etliche interessante, denkmalgeschützte Objekte finden. Viele davon haben wir Ihnen bereits auf unserem Blog vorgestellt.
Oberstes Bild: Die kleine Gemeinde Bauen am westlichen Ufer des Urnersees (© Andreas Faessler, Wikimedia, CC)