Das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum in Genf

Im Quartier der internationalen Organisationen und in direkter Nachbarschaft des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) liegt das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum in Genf. Es steht auf der Liste der Denkmalpflege und zeigt sich nach einer umfassenden Sanierung und konzeptionellen Umgestaltung seit Frühling 2013 in neuem Gewand.

Das Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Aktivitäten und die Geschichte der beiden Organisationen umfassend und anschaulich zu dokumentieren, wobei ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Gegenwart liegt. Neben der Dauerausstellung werden deshalb auch immer wieder Sonderausstellungen mit aktuellen Bezügen durchgeführt.


„Die Versteinerten“ am Eingang zum IKRK Museum (Bild: Julia Lukmanova, Wikimedia, CC)


Ideen für die Einrichtung des Museums gab es schon früher, aber erst seit 1975 wurde die Ausführung auf eine Initiative des früheren IKRK-Delegierten Laurent Marti hin forciert. Er gilt deshalb als Gründer des Hauses in Genf. Vier Jahre später wurde ein entsprechender Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den Pierre Zoelly, Michel Girardet und Georges Haefeli gewannen. Ihr Entwurf zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass er sowohl den Standort bewahrte, als auch eine Brücke zum Wirken des Roten Kreuzes schlägt.

1981 erfolgte die Gründung der „Stiftung für das Internationale Rotkreuzmuseum“, 1985 wurde in Anwesenheit von Raissa Gorbatschowa und Nancy Reagan, den Gattinnen der sowjetischen und amerikanischen Staatschefs, der Grundstein gelegt. Nach dreijähriger Bauzeit öffnete das Museum 1988 schliesslich seine Pforten und wurde noch im gleichen Jahr in Internationales Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum umbenannt.


Die Logos der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung am Eingang des Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondmuseums in Genf (Bild: Julius.kusuma, Wikimedia, CC)


Ein weiterer Wettbewerb für eine neue Szenografie erfolgte in 2009. Dazu wurden neun renommierte, internationale Szenografie- und Architekturbüros eingeladen, ihre Ideen und Vorschläge einzureichen. Die drei Gewinner, die die Jury auswählte, waren Gringo Cardia aus Brasilien, Shigeru Ban aus Japan und der Burkinabé Diébédo Francis Kéré.

Die Koordination des gesamten Konzepts und der Siegerprojekte, die Gestaltung des neuen Raums für die Sonderausstellungen sowie die gemeinsamen Bereiche übernahm das atelier oï aus La Neuveville. Ende Juni 2011 wurde das Museum für die umfassenden Umbauarbeiten geschlossen und nach 22 Monaten im Mai 2013 wiedereröffnet – u.a. mit der neuen Dauerexposition unter dem Namen „Das humanitäre Abenteuer“.

Sie gliedert sich in drei Themenbereiche, die von den drei bereits erwähnten Architekten gestaltet wurden: „Die Menschenwürde verteidigen“, gestaltet von Gringo Cardia, „Risiken von Naturgefahren begrenzen“ (Shigeru Ban) sowie „Familienbande wiederherstellen“ (Diébédo Francis Kéré). Dabei wirft das Museum nicht nur einen Blick auf die Geschichte und derzeitige Krisenherde, sondern versucht auch, die voraussichtliche Entwicklung zukünftiger Jahrzehnte zu umreissen.

Zudem begleiten zwölf sogenannte Zeugen unserer Zeit die Besucher durch das Haus, darunter die vom IKRK als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellte Kartei der „Internationalen Agentur für Kriegsgefangene“ 1914 bis 1923. Sie steht auf der Liste des UNESCO Weltdokumenterbes und umfasst etwa sieben Millionen Karten mit Daten von Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs.


Kriegsgefangenenkartei 1914-1923, IKRK Museum, Genf, Schweiz (Bild: Paebi, WIkimedia, CC)


Zu den weiteren Sammlungen des Museums gehören etwa 15’000 Fotos aus der Geschichte und den Einsatzgebieten des Roten Kreuzes, rund 3’000 Plakate und 950 Filme. Zahlreiche Briefmarken, Abzeichen und Medaillen sowie 500 von Gefangenen hergestellte Objekte, die an Delegierte des IKRK übergeben wurden, sind ebenfalls in Museumsbesitz.

Finanziert wird das Haus aus Eintrittsgeldern, Spenden von Sponsoren, Unternehmen und dem Freundeskreis des Museums (AMICR), fernerhin von der Schweizer Bundesregierung, dem Kanton Genf und dem IKRK. Mitglieder des Freundeskreis profitieren von freien Eintritten zu Ausstellungen und Veranstaltungen, kostenlosen Führungen oder Preisnachlässen im Museumsshop. Die Verwaltung liegt in den Händen des Stiftungsrats, in dem unter anderem Vertreter des Bundes, des Kantons und des IKRK sitzen. Die tägliche Arbeit leisten etwas mehr als ein Dutzend Angestellte und viele freiwillige, ehrenamtliche Helfer, die zum Beispiel als Führerinnen und Führer die Besucher betreuen.


Originaldokument der ersten Genfer Konvention, 1864 (Bild: Kevin Quinn, Wikimedia, CC)


Nach der Renovation verfügt das Museum nicht nur über einen neuen Raum für Sonderausstellungen mit 500 m² Fläche. Auch der Platz für die Dauerausstellung wuchs von 1’400 m² auf 2’000 m². Insgesamt beliefen sich die Kosten auf 19,8 Millionen Schweizer Franken, wovon 8,9 Millionen Franken für die Neukonzeption der Dauerausstellung aufgewendet wurden.

Das Geld dürfte eine gute Investition darstellen. Immerhin kamen in den Jahren des Bestehens zwischen 1988 und 2011 knapp 1,8 Millionen Besucher ins Museum, davon mehr als die Hälfte jünger als 25 Jahre. In den letzten fünf Jahren lag der jährliche Durchschnitt bei 100’000 Besuchern. Das Haus zeigte insgesamt 47 Sonderaustellungen, bot 106 Vorträge, über 14’000 Führungen in zehn verschiedenen Sprachen und servierte im Restaurant 650’000 Mahlzeiten.

 

Oberstes Bild: IKRK Museum, Genf, Schweiz (Bild: Paebi, WIkimedia, CC)

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hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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