Ein Schatz im Stadttheater Solothurn - Entdeckung barocker Dekorationsmalereien
VON Christiane Weber Denkmalpflege Kunst
Das kantonale Amt für Denkmalpflege beschloss, dass diese Malereien unbedingt zu erhalten seien. Der Abschluss der Sanierungsarbeiten und die Wiedereröffnung des Theaters sind bis 2015 geplant.
Gut verborgen: Die Fresken von Felix Joseph Wirz
Als die Vorbereitungsarbeiten für die Sanierung des Theaters begannen, stiessen die zuständigen Mitarbeiter auf die verborgenen Malereien. Das Entstehungsdatum wurde auf die Jahre 1778/79 datiert. Zu dieser Zeit war der Theatersaal neu erbaut worden. Für das Amt für kantonale Denkmalpflege war es keine Frage, dass die Malereien renovierungswürdig waren und vollständig wiederhergestellt werden sollen. Das Stadttheater Solothurn verfügt nach der Sanierung somit über den partiell ältesten Theatersaal in der Schweiz.
Die Malereien waren gut verborgen, jüngere Schichten deckten die Schätze praktisch vollständig ab. In mühevoller Kleinarbeit wurden die historischen Zeugnisse freigelegt. Wie das kantonale Amt mitteilte, zeigen die Fresken unterschiedliche Motive aus der Theaterwelt. Im unteren Rang stösst man auf Embleme und Symbole, im oberen Rang findet man eine illusionistische Vorhangmalerei vor. Weitere Bauteile des Theaters stammen ebenfalls aus dieser Zeit: So wurde die Holzkonstruktion der Zuschauerränge dem 18. Jahrhundert zugeordnet.
Eindeutige Schriftquellen geben Aufschluss über den Urheber der Dekorationsmalereien. Der einheimische Maler Felix Joseph Wirz gilt als der Schöpfer des im Theater Solothurn vorgefundenen barocken Schatzes. Wirz durchlief eine Ausbildung bei Domenico Corvi in Rom. Corvi und Wirz haben in der Stadt Solothurn einen guten Namen. Mehrere Altarbilder in der Solothurner St.-Ursulen-Kathedrale stammen aus der Palette der beiden Meister.
Eine spannende Entdeckung
Ein Name sticht bei den Berichten über das Stadttheater Solothurn und dessen Totalsanierung ins Auge: Fritz Sebald, der in Solothurn ansässige „Kulturvermittler in Bern“ äusserte bereits im Jahr 2009 die Vermutung, dass sich in dem Theater historische Substanz verbirgt. Er drängte darauf, das frühere Barocktheater wieder herzustellen, wie es auf Fotografien aus der Zeit vor 1936 dokumentiert war.
Im Jahre 1936 hatte ein Umbau stattgefunden, der vieles aus der Geschichte des Theaters nicht berücksichtigte. Vor allem hatte Sebald angenommen, dass sich unter den Stoffbezügen der Brüstungen Malereien versteckten. Er vermutete als Urheber dieser Maler den Basler Constantin Guise.
Sebald setzte sich massiv dafür ein, dass vor der Sanierung der Zustand des Theaters und eventuell verborgener Malereien abzuklären sei. Er ahnte jedoch nicht, welcher Schatz sich tatsächlich unter den Bespannungen der Estradenbrüstungen versteckte. Umso grösser war die Überraschung, dass es sich dabei um Barockmalereien handelte. Sebald machte sich auch noch für weitere Massnahmen im Zuge der geplanten Renovierung stark. So sollten ursprünglich die Galerien abgerissen und neu gestaltet werden. Für Sebald stellte dies vor allem eine akustische Todsünde dar.
Das Projekt Stadttheater in der Abstimmung
Am 11. März 2013 konnte die Bevölkerung über das Projekt Stadttheater abstimmen. Über 80 Prozent Ja-Stimmen waren das Ergebnis. Das geplante Vorhaben zum Zeitpunkt der Abstimmung schloss den Abriss und Wiederaufbau der Galerien mit ein. Es sollten 280 moderne Sitzplätze im Zuge des Wiederaufbaus geschaffen werden. Ob und welche Malereien sich im Theater verbargen, war zu diesem Datum noch völlig unbekannt. Erst mehrere Monate später stiess man auf die verborgenen Barockmalereien.
Von den Arbeiten Guises war nichts zu finden – was jedoch den Einsatz von Fritz Sebald nicht schmälern soll. Der jetzige Fund war um einiges bedeutsamer, denn mit der Entdeckung der barocken Malereien kann das Stadttheater Solothurn den Anspruch erheben, das älteste barocke Theater in der Schweiz zu sein. Für die Sanierungsarbeiten wurde eine Neuplanung in Angriff genommen.
Die Rekonstruktion der Prachtmalereien
Nach der Sanierung des Theaters sollen auch die barocken Malereien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Bis dahin ist der Weg jedoch noch weit. Das 20-Millionen-Projekt zur Renovierung des Stadttheaters Solothurn startete im Sommer 2013. Im Rahmen der Gesamtsanierung ist die Wiederherstellung der Malereien nur ein Teilprojekt. Zunächst geht es darum, die darüber liegenden Schichten möglichst sorgfältig zu entfernen. Dass sich die Beschädigung der Fresken dabei nicht vollständig vermeiden lässt, liegt auf der Hand.
Denkmalpfleger Stefan Blank berichtet über die Arbeiten im Theater: „Die Malerei ist restaurierbar.“ Verborgen unter Papiertapeten, aber gut erhalten – diese Voraussetzung spornt die Restauratoren an. Die Malereien, die auf den hölzernen Brüstungsplatten angebracht sind, befinden sich derzeit in einem Atelier zur Restaurierung. Mit Heissluft, Spachtel und Feuchtigkeit rückt man die Tapetenschichten zu Leibe. Dabei bliebe es nicht aus, dass sich immer wieder Teilchen aus der Malerei lösten, so Blank.
Er versichert jedoch, dass der Ursprungszustand vollständig wieder herstellbar sei. Für einige Verwirrung sorgte die Anordnung der bemalten Platten. Im unteren Rang sollen sich Teilmalereien gefunden haben, die eigentlich zur Vorhangmalerei des oberen Ranges gehören. Denkmalpfleger Blank sieht hier jedoch auch die Chance, das Verwirrspiel zu lösen. Nach der Sanierung der Malereien sollen die Holzplatten wieder angebracht werden – für das Stadttheater Solothurn mit Sicherheit ein Gewinn.
Oberstes Bild: Stadttheater in Solothurn (Bild: Gestumblindi, Wikimedia, CC)